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Dadurch sinkt in Wien in diesen Monaten die Anzahl der ther-
misch nichtlimitierten TCI-Werte von historisch rund 60 %
auf etwa 40 % am Ende des 21. Jahrhunderts.
2.3.2 Analyse möglicher Albedoeffekte
In einer Studie von Joanneum Research (Schwaiger et al.
2017) wurde mit einem einfachen Strahlungsmodell versucht,
den Kühleffekt von technischer Beschneiung aufgrund der
Erhöhung der Albedo zu quantifizieren. Die Reduktion der
aufgenommenen Sonnenstrahlung wurde der Erwärmung
durch die bei der Produktion des technischen Schnees frei-
gesetzten Treibhausgase gegenübergestellt. Die Studie kam
zu dem Ergebnis, dass technische Beschneiung in Summe zu
einer Abkühlung führt und damit dem anthropogenen Klima-
wandel entgegenwirkt. Zentral für die Ergebnisse dieser stark
umstrittenen Studie ist die Wirkung der technisch beschneiten
Pisten auf den Gesamtstrahlungshaushalt eines Skigebietes.
In einer Studie des Forschungsprogrammes StartClim (Weihs
und Laimighofer 2019) wurde die Methodik der Studie von
Joanneum Research mit einem komplexen 3-D-Strahlungs-
modell, unter Einbeziehung hochaufgelöster Gelände- und
Landnutzungsdaten, sowie einer realistischen natürlichen
Schneedecke verglichen. Dabei stellte sich heraus, dass die
einfache Strahlungsmodellierung zu einer drastischen Über-
schätzung der Gebietsalbedo und damit des Abkühlungsef-
fekts führt. Für den Monat April, den Monat mit der stärksten
Kühlwirkung, ergibt die einfache Methodik eine Reduktion
der aufgenommenen Sonnenstrahlung im Mittel um 14,7 W/
m2, die realistische Modellierung jedoch nur 2,3 W/m2. Die
Kühlwirkung wird daher bei einer einfachen Strahlungs-
modellierung um den Faktor 6 überschätzt, da etwa Mehr-
fachreflexionen und damit die Absorption an Gegenhängen
sowie der „Canyoneffekt“ von Bäumen an den Pistenrändern
nicht berücksichtigt werden. Die realistische Berechnung
der „Kühlwirkung“ durch technische Beschneiung führt zu
deutlich geringeren Werten als in der Studie von Joanneum
Research angenommen. Dadurch wird es sehr unwahrschein-
lich, dass eine Bilanzierung mit dem Erwärmungseffekt durch
den Treibhausgasausstoß aus der technischen Beschneiung
letztlich zu einer Abkühlung führt.
2.4 Handlungsoptionen, Kommunikations-
und Forschungsbedarf
Großer Forschungsbedarf herrscht beim generellen Zusam-
menhang zwischen dem Klimawandel und der atmosphäri-
schen Zirkulation. Es gibt z. B. Anzeichen dafür, dass Wetter-
lagen mit der globalen Erwärmung tendenziell immer länger
andauern (erhöhte Persistenz von Hitzewellen mit Trocken-
heit, Kaltlufteinbrüchen, Starkschneefällen etc.) und somit eine Saison prägen können (z. B. Mann et al. 2017; Coumou
et al. 2018; Francis et al. 2018; Kornhuber et al. 2019). In
diesem Zusammenhang scheint auch die Berücksichtigung
der stratosphärischen Ozonchemie bei der Wechselwirkung
zwischen arktischem Meereis und der atmosphärischen Zir-
kulation eine wichtige Rolle zu spielen (Romanowsky et al.
2019). Des Weiteren gilt es, die Ursachen und Dynamiken
von Extremereignissen und deren statistische Einordnung
besser verstehen zu lernen. Aussagen zur mittleren Tempera-
turentwicklung sind relativ zuverlässig. Aussagen zur Nieder-
schlagsentwicklung sind dagegen mit großen Unsicherheiten
behaftet. Hier besteht dringender Bedarf, die Datenlage zu
verbessern, vor allem für höher gelegene Gebirgsregionen.
Um die Niederschlagsentwicklung zuverlässiger einschätzen
zu können, sind weitere Erkenntnisse über den Prozess der
Niederschlagsbildung insbesondere im Gebirge notwendig.
Deutliche Verbesserungen bei den saisonalen und deka-
dischen Wetter- und Klimaprognosen sind Voraussetzung zur
Einschätzung der künftigen, kurz- und mittelfristigen Varia-
bilität der Schneedecke oder anderer Parameter im Klimasys-
tem. Ein deutliches Fragezeichen ergibt sich auch aufgrund
der weiterhin steigenden Sonnenscheindauer bei markant
rückläufigem Luftdruck im Alpenraum (Auer et al. 2014).
Eine vollständige Zusammenfassung des Forschungsbedarfs
findet sich im APCC Science Plan – Zur strategischen Ent-
wicklung der Klimaforschung in Österreich (CCCA 2018).
2.5 Zusammenfassung
Die Ergebnisse sind in der Abb. 2.11 zusammenfassend dar-
gestellt. Angegeben wird in diesem Zusammenhang auch die
Verlässlichkeit der getroffenen Aussagen.
Die in Abb. 2.11 dargestellten und bewerteten Wirkungen
der klimainduzierten Phänomene werden im Folgenden aus-
führlich beschrieben.
• Die Lufttemperatur ist in Österreich seit Ende des
19. Jahrhunderts in allen Höhenlagen und Saisonen
langfristig um ca. 2 °C angestiegen (+0,25 °C pro Jahr-
zehnt). Dies entspricht einem doppelt so starken Anstieg
im Vergleich zum mittleren globalen Anstieg und liegt
20 % über dem Anstieg der mittleren Lufttemperatur
von 1,5 °C über den globalen Landflächen. Der lang-
fristige Anstieg ist insbesondere im Winter überlagert
von starken natürlichen Jahr-zu-Jahr- und multideka-
dischen Schwankungen (hohe Übereinstimmung, starke
Beweislage).
• Für die nahe Zukunft (2021–2050) wird unabhängig
vom Emissionsszenario ein weiterer Temperaturanstieg
von ca. 1,3 °C im Vergleich zur Klimanormalperiode
1971–2000 erwartet (hohe Übereinstimmung, starke
Beweislage).
2 Klimawandel – Auswirkungen mit Blick auf den Tourismus 37
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Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263