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der Beschäftigten im Tourismus mit anzurechnen. In einer
Fallstudie für Alpbach in Tirol berechnen Mailer et al. (2019)
auf Basis von Befragungsdaten zum Mobilitätsverhalten, dass
die von Beschäftigten zurückgelegte Jahresdistanz weniger
als 1 % derer von Gästen beträgt und der überwiegende Teil
dieser Verkehrsleistung von Beschäftigten als Tagespendler
mit dem Pkw zur Arbeitsstätte zurückgelegt wird. Fahrten
von Saisonkräften in die Heimatgemeinden werden vor allem
vor und nach der Saison durchgeführt und fallen so kaum ins
Gewicht. Es liegen jedoch keine Daten vor, die eine Abschät-
zung der Verkehrsleistung durch im Tourismus Beschäftigte
für Gesamt-Österreich zulassen.
Güterverkehr für den Tourismus
Getrieben durch wirtschaftliches Wachstum bei gleichzeitig
steigender internationaler Verflechtung und modernen, auf
flexiblen und „just in time“ ausgerichteten Logistikkonzepten
nahm der gesamte Güterverkehr in Österreich im Zeitraum
von 1990 bis 2016 um mehr als 130 % von etwas über
30 Mrd. Tonnen-km auf über 70 Mrd. Tonnen-km zu (Sam-
mer et al. 2009; Umweltbundesamt 2018a). Dabei beträgt
der Anteil der auf der Bahn zurückgelegten Güterverkehrs-
leistung rund 29 %, was neben marktstrukturellen Ursachen
auch auf eine fehlende Kostenwahrheit im Verkehr und teil-
weise ineffiziente Abwicklung internationaler Bahnverkehre
zurückzuführen ist (Umweltbundesamt 2016). Gleichzeitig
stieg auch der Konsum von tourismusverwandten und nicht-
tourismusspezifischen Waren und Dienstleistungen in Öster-
reich inklusive wertvoller Waren zwischen 2000 und 2017
um ca. 70 % auf knapp 7,5 Mrd. € (Statistik Austria 2019b).
Dieses Wachstum beeinflusst aller Wahrscheinlichkeit nach
vor allem den Transport auf der Straße, da die zur Versorgung
des Tourismus notwendigen Güter, wie z. B. Nahrungsmittel
oder hochwertige Einkaufswaren sowie Abfälle, hochgradig
straßentransportaffin sind, insbesondere bei der Zu- und Ab-
lieferung in ländlichen Räumen (Herry und Sedlacek 2014).
Es ist daher davon auszugehen, dass mit steigender Nachfrage
im Tourismus auch die damit verbundenen Güterverkehrsleis-
tungen vor allem im Straßenverkehr entsprechend ansteigen.
Derzeit liegen jedoch keine spezifischen Daten für den vom
Tourismus verursachten Güterverkehr für Österreich vor. Hier
besteht Forschungsbedarf.
3.2 Klimarelevante Entwicklungen
im Tourismusverkehr
3.2.1 Verändertes Reiseverhalten
Während Gäste in Österreich in den 1970er-Jahren im Schnitt
noch knapp 7 Nächte (bei Gästen aus dem Ausland) bzw.
6 Nächte (bei Gästen aus dem Inland) in einer Unterkunft verbrachten, haben sich diese auf heute knapp 3,5 bzw. 3,0
Übernachtungen verkürzt (BMNT 2019), wodurch die Anzahl
der An- und Abreisen bei steigendem Nächtigungsvolumen
überproportional steigt und es zu einer stärkeren Überlage-
rung des An- und Abreiseverkehrs mit dem werktäglichen
Alltagsverkehr kommt. Beispielsweise stieg die Anzahl
der Übernachtungen in Tirol zwischen 2000 und 2019 um
ca. 6 %, während gleichzeitig die Anzahl der Ankünfte um
21 % wuchs (Bursa 2019). Zusätzlich kommt es zu einer ver-
stärkten Individualisierung der Reisen gerade bei Kurzurlau-
ben und dadurch steigenden Erwartungen der Gäste bezüglich
der Anzahl und Vielfalt der zu besuchenden Sehenswürdig-
keiten (Zech et al. 2013; Peters et al. 2017). Daraus folgt, dass
die Anforderungen der Reisenden an die Flexibilität und Ge-
schwindigkeit der verfügbaren Verkehrsmittel stark gestiegen
sind, um die Zeit für die An- und Abreise möglichst kurz zu
halten und maximal viel Zeit vor Ort zur Verfügung zu haben.
Dies begünstigt den privaten Pkw in der Verkehrsmittelwahl
und stellt Destinationen, die auf eine klimaschonende Anreise
setzen, vor große Herausforderungen (Gronau und Kager-
meier 2007).
3.2.2 Alternde Bevölkerung
Die Alterung der Bevölkerung stellt auch die Tourismusmobi-
lität vor allem dann vor Herausforderungen, wenn man daraus
resultierende Potenziale gut ausschöpfen möchte. Bedingt
durch eine steigende Anzahl an gesunden älteren Personen
sowie die steigende Lebenserwartung ist diese touristische
Zielgruppe zunehmend mobil im Alter, was zu einer steten
Ausweitung des Freizeitverkehrs in dieser Bevölkerungs-
gruppe führt (Götz et al. 2002). Diese stark wachsende Be-
völkerungsgruppe zeichnet sich durch einen besonders hohen
Motorisierungsgrad bzw. Anteil mit Führerscheinbesitz aus,
ist stark Pkw-affin und zudem von den Vorteilen alternati-
ver Verkehrsmodi weniger überzeugt (Kasper und Scheiner
2003; Zmud et al. 2017). Daher stellt sie eine besonders große
Herausforderung beim Umstieg auf klimaschonende Mobili-
tätsformen dar. Dies gilt umso mehr, als für diese Gruppe
aktuell noch nicht von einer großen Technologieaffinität und
Erfahrung im Umgang mit Smartphones und dem dadurch er-
möglichten Zugang zu digitalen, multimodalen Informations-
und Buchungssystemen ausgegangen werden kann (Zmud
et al. 2017). Dementsprechend vielfältig sollten auch die
genutzten Kommunikationskanäle ausgewählt werden, um
ältere Touristinnen und Touristen auf bestehende klimascho-
nende Mobilitätsangebote aufmerksam zu machen (Segert
2012; Landesrecht Oberösterreich 2013).
Allgemeine Komponenten des touristischen
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263