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liche Anteile elektrisch angetriebener Pkw werden für den
gesamten europäischen Markt und damit für die Herkunfts-
länder des österreichischen Tourismus erwartet (IEA 2019).
Diese Annahme beruht nicht zuletzt auf der zunehmenden
Zahl an Ländern und Städten Europas, in denen der Verkauf
bzw. die Nutzung konventionell betriebener Fahrzeuge re-
duziert werden soll, beispielsweise in Norwegen ab 2025,
den Niederlanden ab 2030 und Frankreich ab 2040 (Berylls
2018, 2019). Die Produktionspläne der Automobilhersteller
in Anbetracht der verschärften CO2-Emissionsziele der EU
lassen erwarten, dass elektrische Pkws in den nächsten Jahren
den Massenmarkt erreichen und elektrische Lkws auch für
den Güterverkehr zunehmend relevant werden (T&E 2019a,
b). Derzeit dominieren jedoch weiterhin konventionelle Fahr-
zeuge sowohl in Österreich als auch den Herkunftsländern,
hohe Anteile alternativ angetriebener Pkws bei den Neuzulas-
sungen sind lediglich in Norwegen und den Niederlanden zu
verzeichnen (Eurostat 2019).
Ein erfolgreicher Übergang zur Elektromobilität hängt
somit stark von unterstützenden Politikmaßnahmen ab,
insbesondere der umweltgerechten Anlastung von Klima-
kosten (z. B. durch CO2-Steuern), Maßnahmen zum Ausbau
der Ladeinfrastruktur, langfristigen Flottengrenzwerten für
Treibhausgasemissionen und Subventionen in der Übergangs-
phase, bis Fahrzeuge mit alternativen Antrieben massen-
marktfähig sind und wettbewerbsfähige Kaufpreise erzielt
werden können (Harrison und Thiel 2017).
Für den Tourismus bedeutet ein zunehmender Anteil an
Elektrofahrzeugen in den Herkunftsmärkten, dass die ent-
sprechende Ladeinfrastruktur zur Verfügung gestellt werden
muss. Für 2019/2020 hat die österreichische Bundesregierung
in Kooperation mit den Fahrzeugimporteuren ein weiteres
Programm zur Förderung der Elektromobilität für Unterneh-
men, Gemeinden und Vereine aufgelegt, das auch die För-
derung von E-Fahrrädern, E-Transporträdern und leichten
Lkws umfasst (Bundesverband Elektromobilität Österreich
2019). Letztere zwei können auch in touristischen Destinatio-
nen für die Vor-Ort-Mobilität und den Transport von Gütern
Relevanz entwickeln. Zusätzlich bieten auch viele Bundes-
länder Förderungen an (Energiemagazin 2019). Gleichzeitig
kann sich ein touristisches Angebot von E-Fahrzeugen (z. B.
als Mietwagen oder Carsharingauto) positiv sowohl auf die
Akzeptanz der Fahrzeuge als auch auf ein klima- und techno-
logiefreundliches Image von Destinationen auswirken (Lu-
binsky et al. 2015).
Bei zunehmender Verbesserung der Fahrzeugflotten (z. B.
Elektroantrieb) besteht allerdings auch die Gefahr, dass der
Anreiz, umweltfreundlichere Verkehrsmittel bei An- und Ab-
reise oder Vor-Ort-Mobilität aus Umweltschutzgründen zu
nutzen, vermindert wird (Zech et al. 2013). Des Weiteren lösen
alternative Antriebe nicht andere Umweltprobleme des mo-
torisierten Verkehrs, wie z. B. Lärm und Flächeninanspruch-
nahme. Zudem wird eine Umstellung auf alternative Antriebe allein nicht ausreichen, um die Pariser Klimaziele und eine
nahezu vollständige Dekarbonisierung des Verkehrs zu errei-
chen, sie ist jedoch eine dringend notwendige Maßnahme auf
dem Weg dorthin (Gössling et al. 2010; Higham et al. 2013;
Klementschitz et al. 2017; Umweltbundesamt 2019).
3.2.6 Emissionsziele und Emissionshandel
im Flugverkehr
Im Jahr 2017 beschloss das 36. ICAO Council CO2-Emis-
sionsstandards, die ab 2020 für neu zugelassene und ab 2023
für bereits bestellte Flugzeugtypen und ab 2028 für alle neu
produzierten Flugzeuge gelten werden (ICAO 2017). Diese
Grenzwerte werden bereits von den neueren Flugzeugtypen
der großen Hersteller Boeing und Airbus eingehalten, sodass
deren Effektivität begrenzt sein wird. Da gleichzeitig der Al-
tersdurchschnitt von Flugzeugen derzeit weltweit ca. 11 Jahre
beträgt (EASA 2019) und die Lebensdauer der heutigen Flug-
zeuge auf 30 Jahre ausgelegt ist (Airbus 2010), wird es ein
bis zwei Jahrzehnte dauern, bis diese Grenzwerte vollständig
wirksam werden.
Da gleichzeitig erwartet wird, dass der Luftverkehr gerade
im Tourismus weiter stark wachsen wird (Peeters et al. 2007,
2016), sind daher flankierende Regulierungen notwendig, um
signifikante Minderungen von Treibhausgasemissionen auch
in diesem Sektor zu erreichen. Die Festlegung von Emissions-
zielen im Luftverkehrssektor erfordert aufgrund der grenz-
überschreitenden Natur der Emissionsverursachung und der
speziellen Regelungen für die Regulierung des Luftverkehrs
ein sehr hohes Maß an internationaler Kooperation (Bows-
Larkin 2014). Aufgrund fehlender Einigungen zu interna-
tionalen Emissionszielen beschloss die Europäische Union
ab 2012 die Einbindung des Luftverkehrs in den Europäischen
Zertifikathandel EU-ETS (Emission Trading System; Euro-
päische Kommission o.J.). Aufgrund internationalen politi-
schen Drucks wurden Flüge, die außerhalb des europäischen
Wirtschaftsraumes starten oder enden, zunächst temporär bis
2016 von dem Handel ausgenommen mit der Vorgabe, einen
globalen marktbasierten Mechanismus zu entwickeln (siehe
Wadud und Gühnemann 2016). Der ICAO-Rat beschloss 2016
die Einführung eines globalen Kompensationssystems namens
CORSIA (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for Inter-
national Aviation) mit dem Ziel eines CO2-neutralen Wachs-
tums im Flugverkehr ab 2020 (ICAO Assembly Resolution
A39-3). Die Teilnahme an CORSIA erfolgt zunächst auf frei-
williger Basis in zwei dreijährigen Phasen 2021–2026, bevor
verbindliche Teilnahmekriterien gelten. Dies führt dazu, dass
2021 für nur ca. 1,5 %, 2027 für etwa 11,5 % und 2039 für
weniger als ein Viertel der Treibhausgasemissionen des Luft-
verkehrs eine Kompensation erfolgen wird (Scheelhaase et al.
2018; Maertens und Grimme 2019) und diese damit deutlich
unter den Reduktionszielen des Pariser Klimaabkommens
3 Mobilität, Transport und Erreichbarkeit von Destinationen und Einrichtungen 59
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263