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Fahrzeuge im städtischen Tourismus, beispielsweise auto-
matisierte Flughafenshuttles, Sightseeingtouren, Stadttaxen
oder Mietwagen, welche zu neuen touristischen Möglich-
keiten, veränderten sozialen Interaktionen sowie Chancen
und Herausforderungen für eine klimaverträgliche städtische
Verkehrsplanung führen. Letztere hängen sehr stark davon ab,
in welchem Umfang autonome Fahrzeuge als individuelles
(erhöhter Flächenverbrauch und Verkehrsbelastungen) oder
Sharingangebot (mit Chancen z. B. zur Umwandlung von
Parkplatzflächen in öffentliche Aufenthaltsräume) wahr-
genommen werden (Cohen und Hopkins 2019).
3.2.8 Kosten der Mobilität
Ein wesentlicher Faktor für die Verkehrsmittelwahl sind
die Kosten für die An- und Abreise und Vor-Ort-Mobilität
(s. Abschn. 3.1.2). Geringer wahrgenommene Kosten bei
Nutzung des eigenen Pkws, z. B. wenn die Abschreibungs-
und Betriebskosten nicht eingerechnet werden, lassen die
Nutzung der Bahn für den Reisenden teurer erscheinen,
insbesondere bei Fahrten mit mehreren Personen. Dadurch
werden Bahnreisen nur für Vielfahrer mit entsprechenden Er-
mäßigungen oder Sparpreisangeboten als konkurrenzfähig
wahrgenommen (vgl. Umweltbundesamt 2009).
Gleichzeitig mangelt es nach wie vor an Kostenwahrheit
zwischen den Verkehrsträgern in der Anlastung gesellschaft-
licher Kosten (van Essen et al. 2019). Beispielsweise sind
internationale Flugreisen von Kraftstoff- und Mehrwertsteu-
ern ausgenommen (Schönpflug et al. 2014) und, wie oben
angeführt, unterliegen derzeit nur Flüge innerhalb des euro-
päischen Wirtschaftsraumes dem europäischen Emissions-
zertifikatehandel. Hierdurch können beispielsweise Billig-
flugangebote Flugreisen im Vergleich zu Bahnreisen preislich
äußerst attraktiv machen.
Diese Entwicklung hin zu günstigeren Flugreisen wurde
außerdem durch operative und technologische Maßnahmen
zur Effizienzsteigerung sowie die Deregulierung im Luftver-
kehr in Europa ab 1992 ermöglicht (Mundt 2006).
3.2.9 Sharing
Ein weiterer Trend mit potenziellen Auswirkungen auf das
Mobilitätsverhalten von Reisenden ist die zunehmende Nut-
zung von Sharingangeboten im Verkehr (PwC 2017), die so-
wohl auf hohe Anschaffungs- und Versicherungskosten für
Pkws gerade für Jüngere als auch auf steigendes Umweltbe-
wusstsein und eine Tendenz weg vom materiellen Besitz zu-
rückzuführen ist (Böcker und Meelen 2017; Hartl et al. 2018).
Hier hat es in den letzten Jahren eine deutliche Zunahme von
Sharingangeboten im Verkehr wie Free-Floating-Carsharing,
Ride-Sharing, Bikesharing, E-Scooter-Sharing, Vermietungen von Elektromountainbikes etc. gegeben (Shaheen et al. 2018).
Allerdings ist der Markt sehr dynamisch mit teilweisen Über-
angeboten und anschließendem Verschwinden von Marktan-
bietern (Arbeiterkammer Wien 2017). Gerade flexible, nicht
stationsgebundene Angebote können vor allem für Städte-
reisende attraktiv sein und deren Mobilität vor Ort verbes-
sern. Viele ländliche Tourismusgemeinden fördern ebenfalls
einen Mix aus konventionellen öffentlichen Verkehrsmitteln
und flexiblen, auf Sharingkonzepten basierenden Lösungen
(Wallergraber et al. 2014).
Reduzierte Treibhausgasemissionen ergeben sich im Tou-
rismus, wenn Sharingnutzerinnen und -nutzer auf die An- und
Abreise mit dem Pkw zugunsten klimaschonender Alterna-
tiven verzichten und ihr Mobilitätsverhalten vor Ort ändern
(Ludmann 2018; Shaheen et al. 2018). Weiters kann durch die
Nutzung von E-Carsharing im Tourismus die Akzeptanz elek-
trischer Fahrzeuge gesteigert werden und so zu einem Über-
gang zur Elektromobilität beitragen (Lubinsky et al. 2015;
Schlüter und Weyer 2019). Allerdings ist zu beachten, dass
insbesondere Ride-Sharing und, in geringerem Umfang, sta-
tionsfreie Carsharingangebote zu einer Zunahme der Fahrleis-
tungen im motorisierten Individualverkehr führen können und
daher vor allem nur als Fahrzeuge mit alternativen Antrieben
und nur dort gefördert werden sollten, wo nichtmotorisierte
oder öffentliche Verkehrsmittel keine ausreichenden Alterna-
tiven darstellen (Hülsmann et al. 2018; Shaheen et al. 2018).
3.2.10 Technologische Entwicklungen zur
Unterstützung von Multimodalität
Durch die zunehmende Bereitstellung und Nutzung von
Onlinebuchungsdiensten und Smartphoneapplikationen
wird es für Reisende einfacher, ihre Routen multimodal zu
gestalten und Buchungen von Fahrkarten unterschiedlicher
Anbieter zu kombinieren. Hierdurch kann die Nutzung kli-
maverträglicherer öffentlicher Verkehrsmittel als Teil einer
multimodalen Kette anstelle einer Pkw-Nutzung attraktiver
werden (ITS Austria 2018). Derzeit existieren österreichweit
und international viele Initiativen, integrierte Buchungsplatt-
formen für multimodale Mobilitätsservices zu entwickeln,
die gleichzeitig personalisierte, preislich differenzierte Mo-
bilitätsangebote ermöglichen (Schlagwort „Mobility as a
Service“; Hietanen 2014; Holmberg et al. 2016; ITS Aus-
tria 2019). Allerdings gibt es noch erhebliche institutionelle
Barrieren, beispielsweise Dateneigentümerschaft oder Regeln
für Umsatzaufteilung, die eine Kooperation aller potenziell
beteiligten Anbieter erschweren (Docherty et al. 2018). Zu-
dem ist derzeit noch Gegenstand der Forschung, inwieweit
diese Technologien tatsächlich zu einer Verlagerung auf um-
weltfreundliche Verkehrsmittel und zu einer Reduktion von
Treibhausgasemissionen beitragen können, insbesondere im
Tourismus (POLIS 2017).
3 Mobilität, Transport und Erreichbarkeit von Destinationen und Einrichtungen 61
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263