Seite - (000075) - in Tourismus und Klimawandel
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auf die Tourismusmobilität in Südtirol geht davon aus, dass
künftig auf Südtirols Straßen die tourismusbedingte Verkehrs-
intensität im Sommer doppelt so hoch wie im Winter sein wird,
bedingt durch zunehmende Nachfrage im Sommertourismus
und Verringerung der Nachfrage im Wintertourismus aufgrund
der zu erwartenden Temperaturanstiege (Cavallaro et al. 2016).
Das geänderte Reiseverhalten (Abschn. 6.3.1, 7.3.1) hat
somit in weiterer Folge auch Auswirkungen auf das Ver-
kehrsaufkommen und die Verkehrsleistungen sowie auf die
Verkehrsmittelwahl. Einerseits handelt es sich um zeitliche
Verlagerungen, die sich in der Gesamtbilanz der tourismus-
bedingten Treibhausgase über ein Jahr gesehen nicht nieder-
schlagen. Andererseits sind es örtliche Verlagerungen innerhalb
von Österreich (Kap. 6). Diese örtlichen Verlagerungen können
Umwelteffekte durch temporäre Verkehrsüberlastungen nach
sich ziehen und sich zudem durch geänderte Entfernungen und
Erreichbarkeiten der Quellmärkte und eine damit verbundene
evtl. Änderung der Verkehrsmittelwahl auf die Treibhausgas-
bilanz auswirken.
Andererseits steigt die Zahl an Gästen aus weiter entfern-
ten Wachstumsmärkten, bemerkbar auch an den steigenden
Passagierzahlen der destinationsnahen Flughäfen (z. B. Inns-
bruck). Diese Märkte weisen einen überdurchschnittlich ho-
hen Anteil von An- und Abreisen mit dem Flugzeug auf, was
sich in einer Zunahme der Treibhausgasemissionen nieder-
schlagen wird (Abschn. 3.3.2).
Nachdem im Zusammenhang mit der sogenannten Co-
ronakrise viele Fernreisende Schwierigkeiten bei der Rück-
kehr hatten, die Wirtschaftskraft reduziert ist und Fluglinien
ebenfalls betroffen sind, könnte sich dieser Trend – zumindest
kurzfristig – deutlich abschwächen.
3.3.2 Einfluss des Tourismusverkehrs
auf den Klimawandel5
Auf globaler Ebene wird geschätzt, dass rund 8 % der Emis-
sionen aus dem Tourismus stammen und hierbei nahezu die
Hälfte aus dem Verkehr, wobei der Flugverkehr eine große
Rolle spielt (Lenzen et al. 2018; s. auch Abschn. 11.2). In
Österreich ist der Verkehr einer der wesentlichen Emittenten
in der österreichischen Treibhausgasbilanzierung. Im Jahr
2017 war der Verkehr für 29 % der österreichischen CO2-
Emissionen verantwortlich. Die Emissionen aus dem Ver-
kehrssektor stiegen seit 1990 um rund 72 % an, insbesondere
aufgrund der zunehmenden Verkehrsleistung (Umweltbun-
desamt 2019). Die Verkehrsemissionen sind in erster Linie
auf den Straßenverkehr zurückzuführen. Anzumerken ist,
5 In vorliegendem Bericht wird ausschließlich auf die klimarelevanten
Gase (Treibhausgase) eingegangen. Darüber hinausgehende Umweltwir-
kungen, wie Stickoxid- oder Staubemissionen, Lärm, Flächenverbrauch
oder Landschaftszerschneidungen, werden nicht weiter beschrieben. dass in der Inventur ausschließlich der nationale, nicht aber
der internationale Flugverkehr berücksichtigt wird. Eine ein-
deutige Zuordnung der tourismusbedingten Verkehrsemis-
sionen in der österreichischen Treibhausgasbilanzierung ist
aus der vorhandenen Datenlage daher nicht möglich (siehe
auch Verkehrsleistung, Abschn. 3.1.2 bzw. Abschn. 11.2.3).
Zahlen zu den Klimawirkungen der Flusskreuzschifffahrt
liegen nicht vor.
3.3.3 Einfluss des Verkehrsmittels und der
Distanz auf die Treibhausgasbilanz
Die Wahl des Verkehrsmittels und in weiterer Folge die da-
mit zurückgelegte Distanz sind essenziell für die Höhe der
Treibhausgasemissionen, die eine Urlaubsreise verursacht
(Umweltbundesamt 2018b).
Die höchsten Treibhausgasemissionen verursacht – ge-
messen an der gleichen Distanz – der Flug. Diese betragen
rund das 5-Fache einer entsprechenden Fahrt mit dem
Pkw. Deutlich besser und in diesem Sinne klimaschonen-
der schneiden die Massenverkehrsmittel Bus und Bahn ab
(Abb. 3.5)6.
Anzumerken ist, dass die Höhe der Treibhausgasemis-
sionen ebenso von dem Herkunftsmarkt abhängig ist. So ist
bei einer von Unger (2018) ermittelten Reise einer Familie
von Berlin nach Alpach der Unterschied zwischen Bahn und
Bus deutlich geringer, da hier ein anderer Strommix bei der
Bahn anzusetzen ist (vgl. Unger et al. 2016; Unger 2018).
Deutlicher fällt der Unterschied der verschiedenen An-
reiseformen aus, wenn die unterschiedlichen Distanzen
miteinbezogen werden. Eine aktuelle Untersuchung der
Treibhausgasbilanz für unterschiedliche Urlaubsformen mit
unterschiedlichen Verkehrsmitteln zeigt die vergleichsweise
geringen Treibhausgasemissionen eines Österreichurlaubs im
Vergleich zu Fernreisen, in denen sich sowohl das Verkehrs-
mittel „Flugzeug“ als auch die Entfernung der Urlaubsdesti-
nation widerspiegeln (Abb. 3.6)7. Die Berechnungen zeigen
auch, dass die Emissionen bei Bahnanreise in Österreich
zwischen einem Drittel bis zur Hälfte geringer als bei der
Nutzung des Autos sind (Umweltbundesamt 2018b)8. Eine
6 Pkw-Durchschnitt in Österreich 2017 (Diesel und Benzin gewichtet
nach Verkehrsleistung in Österreich, durchschnittliche Größen- und Ge-
wichtsklasse); Flugzeug gewichtet nach Inlandsflüge; Berücksichtigung
klimarelevanter Auswirkungen in großer Höhe aufgrund physikalischen
und chemischen Zusammenwirkens mit der Atmosphäre des RFI-Fak-
tors (Radiative Forcing Index – Strahlungsantrieb). Beim Flugverkehr ist
ein RFI Faktor (Radiative Forcing Index) von 2,7 (Empfehlung IPCC)
berücksichtigt. Der Transfer von und zum Flughafen bzw. Bahnhof wird
bei den Berechnungen vernachlässigt.
7 Emissionen der Mobilität vor Ort sind in den Aktivitäten enthalten
(z. B. Skibus, Ausflug).
8 Ähnliche Ergebnisse ergeben sich mit dem Ökologischen-Fußabdruck-
Rechner der TU Graz (http://www.fussabdrucksrechner.at/de).
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263