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Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie
(BMK), die sich auch an Beherbergungsbetriebe richten.
Antragsteller, die einen Beherbergungsbetrieb neu errichten
möchten, können einen Zuschlag für Gebäudeinvestitionen
erhalten, wenn sie bestimmte energie- und ökologierelevante
Kriterien in den Bereichen Planung und Ausführung, Energie
und Versorgung, Baustoffe und Konstruktion sowie Raum-
luftqualität und Komfort erfüllen. Die Kriterien sind in einem
eigens entwickelten Leitfaden festgehalten (BMLFUW und
ÖGUT 2014).
Weitere wesentliche Akteure für die Vergabe von För-
dermitteln sind Bundes- und Landesministerien, öffentliche
Fondsgesellschaften, kommunale Ämter, regionale und über-
regionale Wirtschaftsförderungs- und Beratungsgesellschaf-
ten sowie Kreditinstitute, und hier vor allem die Österreichi-
sche Hotel- und Tourismusbank (ÖHT; BMWFW et al. 2015).
Eine weitere indirekte Steuerung kann durch Zertifizie-
rung erfolgen. Eine Befragung von 164 Hotels in Österreich,
überwiegend im 4-Sterne-Bereich, zeigte, dass aus der Sicht
der Betriebe nur wenige Zertifizierungen bzw. marketingori-
entierte Labels mit Bedeutung für eine nachhaltige Entwick-
lung attraktiv sind. Hierzu zählen nach Pröbstl-Haider und
Haider (2015) das Österreichische Umweltzeichen, Natur-
idyll Hotels, EU Ecolabel, Sleep Green, Bio-Hotels und Kli-
maaktiv Gebäudestandard. International eingesetzte Labels
wie Green Key oder Green Globe spielen hingegen keine
Rolle (Pröbstl-Haider und Haider 2015).
Reschl (2019) untersuchte die Effekte der Zertifizierung
mit dem Österreichischen Umweltzeichen im Detail und ana-
lysierte im direkten Vergleich die konkreten Auswirkungen
im Rahmen freiwilliger Zertifizierungssysteme von der Erst-
prüfung bis zur zweiten Folgeprüfung. Die Studie zeigt,
dass der Marktanteil zertifizierter Bettenzahlen in Wien mit
ca. 16,5 % am höchsten liegt. Den geringsten Anteil hat der-
zeit Tirol. Es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen
Betriebsgröße und Zertifizierung. Kleinere Betriebe sind sel-
tener zertifiziert. Grundsätzlich ist weiterhin die mittlere Aus-
lastung zertifizierter Hotels deutlich höher und beträgt bei der
ersten Folgeprüfung 58 %, während der bundesweite Bran-
chendurchschnitt bei 40,7 % liegt. Die Studie belegt durch
den Vergleich von betrieblichen Daten zwar, dass erhebliche
Einsparungen insbesondere im Bereich Energie und Abfall
erreicht werden. Sie macht allerdings durch die Analyse der
Folgeprüfungen auch deutlich, dass es nicht gelingt, stetig
nachhaltiger zu werden, sondern dass die Leistungen auf ei-
nem guten Niveau stagnieren. Im langfristigen Vergleich hatte
vor allem das Vorhandensein von Konferenzräumen einen
Effekt auf den Energieverbrauch; kein Zusammenhang ergab
sich für Schwimmbad, Sauna, Restaurantbetrieb, Wäscherei
und das jeweilige Baujahr bezogen auf den Gesamtenergie-
verbrauch pro Nächtigung (Reschl 2019). 4.3.2 Einfluss des Klimawandels
auf die Beherbergungsbetriebe
Klimawandel kann die Attraktivität von Destinationen schmä-
lern, worunter insbesondere Beherbergungsbetriebe leiden
können. Beherbergungsbetriebe sind auf stabile Klimaverhält-
nisse angewiesen, insbesondere dort, wo spezifische Angebote
(Wintersport) gemacht werden (Scott et al. 2012). Langfristig
können steigende Temperaturen oder andere Änderungen im
Klimasystem auch bestimmte Angebote infrage stellen: Bei
abnehmenden Schneemengen können beispielsweise einige
Wintersportangebote wegfallen. In den letzten Jahren ist deut-
lich geworden, dass insbesondere Wetterextreme und starke
Abweichungen von langjährigen Mittelwerten bei z. B. Tem-
peratur oder Niederschlägen den Tourismus stark beeinträch-
tigen können (vgl. dazu auch Kap. 2). Gerade die Schnee- und
Wettersituation im Januar 2019 hat gezeigt, welche Auswir-
kungen Extremwettersituationen auf Orte und speziell Beher-
bergungsbetriebe haben können. Die durch starke Schnee-
fälle zu Jahresbeginn verursachten Sperren von Skigebieten
und Straßenverkehrsverbindungen führten im Vergleich zum
Vorjahr zu Nächtigungsrückgängen in den Monaten Januar
(−1,7 %) und Februar (−1,9 %; WIFO 2019). Der Trend zuneh-
mender Extreme ist dabei durch die Höhe der Kosten anfallen-
der Wetterschäden gut dokumentiert (Munich RE 2018). Dazu
gehören kleinräumige Stürme und Starkregen, die auch zu
lokalen Überschwemmungen und Hangrutschungen bzw. der
Beeinträchtigung oder Einstellung von Verkehr (Züge, Busse,
Flugzeuge) führen. Sturzfluten oder Murenabgänge stellen eine
unmittelbare physische Gefahr für die Bausubstanz dar. Perio-
den extremer Trockenheit verursachen auch Schwankungen
der Wasserstände (Flüsse und Seen) sowie der Qualität von
Wasserkörpern. Auch das Befüllen von Swimmingpools kann
unter extremer Trockenheit nicht immer gewährleistet sein.
Die Schneesicherheit ist insbesondere in den unteren Höhen-
lagen reduziert. In vielen Ländern einschließlich Österreich ist
die Waldbrandgefahr deutlich gestiegen (Scott et al. 2012; Sass
et al. 2014; Spinoni et al. 2018; Stevens-Rumann et al. 2018).
Während Touristinnen und Touristen sehr flexibel auf
solche Veränderungen reagieren können, indem sie „wetter-
sichere“ Destinationen bevorzugen, kurzfristiger buchen oder
im Fall von Extremereignissen den Urlaub abbrechen und auf
andere Ferienorte ausweichen, sind Beherbergungsbetriebe
ortsgebunden und wenig flexibel (Scott et al. 2012; vgl. dazu
auch Abschn. 7.3. und Abschn. 11.2.). Wetterextreme können
sich also sehr negativ auf die Buchungslage auswirken. Das
Risiko für Beherbergungsbetriebe in Städten ist aber grund-
sätzlich geringer als für Betriebe in ländlichen Räumen, da
mehr alternative, wetterunabhängige Angebote existieren.
Städte werden andererseits im Sommer potenziell unattrak-
tiver, da Hitzestress in Abhängigkeit von Temperatur und
Luftfeuchte bereits heute belasten und diese Entwicklung zu-
nehmen wird. So äußerte fast ein Viertel der Touristen in Wien,
Allgemeine Komponenten des touristischen
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263