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sen. Durch entsprechende Kommunikation bzw. Nudging-
Techniken können bewussterer Konsum und Einsparung von
Treibhausgasen erreicht werden (Abschn. 4.4.6 und Kap. 13).
In diesem Zusammenhang spielt die Entwicklung einer
Kultur der regionalen Vielfalt in der gastronomischen Ver-
sorgung eine wichtige Rolle. Konsumenten sollten verstehen,
dass gewisse Produkte zu spezifischen Zeiten nur in bestimm-
ten Mengen vorhanden sind und ausgehen können. Dies
spricht für die Qualität, Frische und Nachhaltigkeit (Pirani
und Arafat 2016).
4.5.3 Wissenslücken und Forschungsbedarf
Generell ist festzustellen, dass die Datenlage zu klimarelevan-
ten Fragestellungen im österreichischen Beherbergungssektor
gering ist. Vor allem sind detaillierte Daten zu Energiequel-
len und Energieverbräuchen in den Beherbergungsbetrieben
nur vereinzelt vorhanden. Für eine effektive klimapolitische
Steuerung wäre hier ein quantitativer Gesamtüberblick not-
wendig.
Weitere forschungsrelevante Fragestellungen beziehen
sich auf:
• detaillierte Analysen zu Energiekosten und Einspar-
potenzialen im Beherbergungssektor,
• Betriebsmittel wie Isolierungen, Klimaanlagen, neue
Technologien, Materialien: Wie können diese Betriebs-
mittel energieeffizienter gestaltet werden?
• Kooperationen unter den Betrieben: Gibt es betriebliche
Kooperationsmöglichkeiten, die den Energieeinsatz
reduzieren können?
• Beherbergungsbetriebe: Auf welche Weise können
Unternehmen „incentiviert“ werden, klimarelevante
Investitionen zu tätigen?
• Reisevermittlung (Reisebüros, Plattformen usw.): Wie
und in welcher Weise können Umweltaspekte und
Umweltwissen in den Erfahrungs- und Beratungsprozess
integriert werden (z. B. über Zertifizierungen)?
• Gäste und das Gästeverhalten: Wie, ohne das Urlaubs-
erlebnis zu schmälern, kann eine Verhaltensänderung
bewirkt werden, oder wie kann das Buchungsverhalten
– z. B. auch bezogen auf eine Ganzjahresauslastung –
beeinflusst werden?
• Die Sättigungsgrenze touristischer Nachfrage als Thema
der Raumplanung.
4.6 Zusammenfassung
Als zentraler Faktor des Tourismusangebots nehmen Beher-
bergungsbetriebe auch in der Klimawandeldiskussion eine
bedeutende Stellung ein. Der Einfluss des Klimawandels auf Beherbergungsbetriebe ist bereits heute sichtbar. Wetterex-
treme (Hitzewellen, Überschwemmungen, Hangrutschungen,
abnehmende Schneemenge u. a. m.) können die Attraktivität
von Destinationen schmälern und sich somit auch negativ
auf die Betriebe auswirken (hohe Übereinstimmung, starke
Beweislage). Das klimabedingte Risiko ist grundsätzlich in
den Städten geringer als in ländlichen Räumen, da in Städten
mehr alternative, wetterunabhängige Angebote existieren
(hohe Übereinstimmung, mittlere Beweislage). Auch klima-
induzierte Kostensteigerungen können die Beherbergungs-
unternehmen treffen wie eine signifikante Besteuerung von
Energie oder eine höhere Besteuerung von CO2-intensiven
Betriebsmitteln (hohe Übereinstimmung, schwache Beweis-
lage).
Hotels gehören dabei zu den energieintensivsten des Ge-
bäudesektors. Sie haben aber gleichzeitig auch die besten
Möglichkeiten, Maßnahmen durchzuführen, die zu Energie-
einsparungen und somit direkt zu einer betriebswirtschaft-
lichen Gewinnsteigerung führen (hohe Übereinstimmung,
starke Beweislage). Der höchste Anteil der Gesamtenergie
wird für Heizungsanlagen der Raumwärme und des Warm-
wassers eingesetzt, gefolgt von Stromverbrauchern ohne
Antrieb (Waschmaschine, Wäschetrockner, Minibar, Sauna
u. a. m.) sowie Beleuchtung (hohe Übereinstimmung, starke
Beweislage). Der Energieverbrauch der Hotels korreliert mit
der Belegungsdichte, den angebotenen Serviceleistungen
und der Außentemperatur, wobei 5-Sterne-Hotels sowie
0- bis 2-Sterne-Betriebe einen höheren Energieverbrauch
pro Übernachtung aufweisen als 3- und 4-Sterne-Hotels.
Gesamtwirtschaftlich betrachtet ist aufgrund der Anzahl der
Betriebe der Handlungsbedarf bei 0- bis 2-Sterne-Betrieben
am größten (Abschn. 4.1.1; hohe Übereinstimmung, mittlere
Beweislage). Die in Österreich aktuell geltende OIB-Richt-
linie Energieeinsparung und Wärmeschutz 2019 legt fest,
dass nach dem 31.12.2020 nur mehr Niedrigstenergiegebäude
neu errichtet werden dürfen.
Im Zusammenhang mit Klimawandel wird der Bereich der
Klimatisierung immer wichtiger, wobei davon auszugehen
ist, dass die Nachfrage nach Gebäudekühlung und Klima-
tisierung in Zukunft steigen wird, zum einen aufgrund der
steigenden Temperaturen, zum anderen aber auch aufgrund
der steigenden Komfortansprüche der Gäste (mittlere Über-
einstimmung, mittlere Beweislage). Für Österreich prog-
nostizieren Studien einen Anstieg des Energieverbrauchs für
die Gebäudekühlung und -klimatisierung bei einem gleich-
zeitigen signifikanten Rückgang des Heizenergiebedarfs,
wodurch der Gesamtenergiebedarf annähernd gleich bleiben
dürfte (mittlere Übereinstimmung, mittlere Beweislage).
Die höchsten Energieeinsparpotenziale bieten sich im Be-
reich der baulichen Substanzen (Wärmedämmung u. a. m.),
Architekturmaßnahmen sowie Energieeffizienzmaßnahmen
bezogen auf die Raumwärme, das Warmwasser und die Be-
leuchtung. Augenmerk muss auch auf mögliche steigende
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263