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ted Against Waste Österreich präsentiert auch zahlreiche
Lösungsansätze zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen
in der Broschüre „Lebensmittelabfälle vermeiden, Kosten
sparen & Umwelt schützen“ (United Against Waste 2018).
Dazu gehören Maßnahmen wie die Optimierung der Speisen-
angebotsplanung (basierend auf Reservierungsvorhersagen,
demografischen Charakteristika und Speisepräferenzen der
Gäste), Vermeidung des Verderbs der Lebensmittel sowie
Vermeidung von Abfall am Büffet und auf den Gästetellern.
Sehr detailliert nennen Betz et al. (2015) weitere Maßnahmen
zur Reduzierung des Lebensmittelabfalls, die sich auf den
Einkauf, die Lagerung, Zubereitung, Präsentation und Beein-
flussung des Gästeverhaltens beziehen. Neben den Lebens-
mittelabfällen fallen in der Gastronomie auch große Mengen
von Verpackungsmüll an, die durch gezielte Maßnahmen wie
Einkauf in Großmengen, wiederverwendbare Verpackungen,
Spendersysteme, Sammel- und Recyclingsysteme etc. redu-
ziert werden können.
Zu viel produzierte Lebensmittel können, bevor sie Abfall
werden, an karitative Einrichtungen, „Foodsharing“-Organi-
sationen oder andere Institutionen gespendet werden. „Late
night offers“ über entsprechende Onlineplattformen sind ein
weiterer Weg, Lebensmittel ihrem tatsächlichen Zweck zu-
zuführen. Im Fall der Tellerreste ist die aktive Anpreisung
von Mitnahmeboxen (vgl. Tafelbox) zu empfehlen. Für all
diese Beispiele ist vor allem die indirekte Einsparung an
Treibhausgasen relevant. Durch die Weitergabe der Speisen
müssen diese vom Endkonsumenten nicht zusätzlich gekauft
werden und können auf lange Sicht dementsprechend weni-
ger produziert werden. Das heißt, es kommt zu verringerten
Emissionen durch die Lebensmittelproduktion.
Für nicht vermeidbare Lebensmittelabfälle wie Zuberei-
tungsreste und für dennoch angefallene vermeidbare Abfälle
ist es wesentlich, sie einer entsprechenden Entsorgung zu-
zuführen. Eine getrennte Sammlung der Bioabfälle und nach-
folgende Verwertung in Kompostier- oder Biogasanlagen
hilft zusätzlich Klimaemissionen einzusparen. Wenn ent-
sprechende Systeme nicht seitens kommunaler oder privater
Entsorger angeboten werden, kann hier mittlerweile auch
auf Angebote zur z. B. Selbstkompostierung zurückgegrif-
fen werden. Auch eine energetische Nutzung der Abfälle ist
möglich.
5.4.5 Handlungsfeld Kommunikation
Um klimarelevante Prozesse umzusetzen, sind zum einen
die Unterstützung und das Engagement der Führungskräfte
notwendig, zum anderen aber auch Bewusstseinsbildung
und Schulung der Mitarbeiter sowie Gästekommunikation.
Gerade Urlaubsgäste sind sehr daran interessiert, über die
Herkunft, Produktionsmethoden und Nährwerte ihrer Speisen
informiert zu werden (Lund-Durlacher et al. 2016; Juvan et al. 2018) und diese Informationen können Verhaltensänderungen
bewirken. Experimentelle Studien mit unterschiedlichen In-
formationsinstrumenten bei der Speisenausgabe zeigen, dass
eine Verhaltenssteuerung des Gästeverhaltens durch adäquate
Kommunikation möglich ist. So konnten durch den Einsatz
von Beschilderungen am Büffet und im Gastraum Tellerreste
um durchschnittlich knapp 15 % reduziert und der Konsum
lokaler Produkte um durchschnittlich rund 130 % gesteigert
werden (Antonschmidt und Lund-Durlacher 2018). Damit
bieten die Kennzeichnung und transparente Information zu
klimarelevanten Aspekten der Speisen eine gute Möglich-
keit, das Gästeverhalten positiv zu beeinflussen. Wie im
Abschn. 5.4.3 hervorgehoben, können auch Kennzeichnun-
gen von Speisen als biologisch, lokal oder klimaschonend
zu signifikanten Änderungen in der Menüwahl führen. Der
Effekt solcher Label scheint dabei mit der Zeit zuzunehmen
(Visschers und Siegrist 2015), vermutlich aufgrund des Wie-
dererkennungswertes und der Wahrnehmung als Qualitäts-
kennzeichen.
Eine Reihe von Studien widmet sich dem Thema „Nud-
ging“. Bei dieser Technik wird der Konsument durch ge-
schickte Manipulation in seinem Konsumverhalten beein-
flusst, ohne dass er diese Beeinflussung bewusst wahrnimmt
und ohne dass seine Wahlfreiheit z. B. durch Verbote einge-
schränkt wird. Im Lebensmittelbereich unterscheiden Lehner
et al. (2016) vier Erfolg versprechende Nudging-Strategien:
Verfügbarmachung einfacher Informationsmittel (Hervor-
heben bestimmter für die Konsumentscheidung relevanter
Informationen, z. B. Gesundheitswirkungen, und Einsatz
von Referenzwerten für Konsumverhalten, z. B. Einsatz roter
Kartoffelchips in bestimmten Intervallen einer Verpackungs-
rolle), Veränderung von Verfügbarkeit und Sichtbarkeit der
Lebensmittel, Beeinflussung der Portionsgröße sowie soziale
Normen und Idealverhalten, wobei das Konsumverhalten
auch durch die Präsenz anderer Konsumenten beeinflusst
wird. Zudem kann durch das direkte Aufzeigen „richtigen“
Verhaltens (z. B. durch Schilder) das Verhalten von Kon-
sumenten in eine Richtung gelenkt werden.
Verschiedene Studien belegen die Wirksamkeit der ge-
nannten Nudging-Instrumente. Wansink und van Ittersum
(2003) zeigen, dass eine Veränderung der Glasform den
Getränkekonsum beeinflusst, wobei höhere Gläser zu nied-
rigerem Konsum führen (bei gegensätzlicher Wahrnehmung
seitens der Gäste). Freedman und Brochado (2010) verändern
die Portionsgrößen in einem All-you-can-eat-Restaurant und
zeigen, dass durch die Verringerung der Portionsgrößen Ver-
zehr- und Abfallmengen sinken. Kallbekken und Saelen
(2013) variieren die Tellergrößen und setzen zudem Hinweis-
schilder zum „richtigen“ Verhalten am Büffet ein, wodurch
eine Reduktion der Lebensmittelabfälle um 20 % erreicht
wird.
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Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263