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Tourismus und Klimawandel
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ven Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit eines Urlaubs in den Bergen hatte (Falk und Hagsten 2018). Im sehr warmen und schneearmen Winter 2006/2007 (rund 3 °C über dem 30-jährigen Mittelwert) hatten die österreichi- schen Seilbahnen einen Umsatzrückgang von rund 7 % zu verzeichnen (WKO 2007). Kleine Skigebiete (Förderkapa- zität < 5000 P/h) waren jedoch deutlich stärker betroffen mit durchschnittlichen Einbußen von 39 % ebenso wie niedrig gelegene Skigebiete mit einer mittleren Höhe unter 1500 m mit Einbußen von durchschnittlich 22 % (Steiger 2011). Das Sommerskifahren als Spezialfall des alpinen Ski- sports ist seit ca. Mitte der 1980er-Jahre rückläufig (Abegg et al. 1994; Diolaiuti et al. 2006). Derzeit bietet in Österreich nur noch ein Gletscherskigebiet (Hintertuxer Gletscher) Ski- betrieb den ganzen Sommer hinweg an. Die Gründe für den Rückgang des Sommerskifahrens sind zum einen angebots- seitig der Gletscherrückgang und die damit verbundene Verkleinerung des Angebots und ein zu starker Rückzug der sommerlichen Schneefläche auf den Gletschern (Abegg et al. 1994). Durch steigende Kosten als Folge leistungs- fähigerer Bahnen werden für einen rentablen Betrieb mehr Gäste benötigt. Aber auch nachfrageseitig haben sich Än- derungen ergeben: Andere Sommersportarten machten dem Sommerskifahren zunehmend Konkurrenz, zudem bestehen Vermutungen, dass das steigende Umweltbewusstsein in den 1980er-Jahren zum Nachfragerückgang beigetragen hat (Mayer et al. 2018). Der Klimawandel wirkt sich durch auftauenden Permafrost (Abschn. 2.2.2) auf die Sicherungskosten der hochalpinen Infrastruktur aus. Beim Skibetrieb ergeben sich zunehmend Herausforderungen bei der Pistenführung über den Gletscher, da durch den Gletscherrückgang Felsriegel ausapern, die be- stehende Pisten verschmälern und/oder unterbrechen können. Den Herbstbetrieb auf den Gletschern sicherzustellen ist so- mit ebenfalls mit einem höheren Aufwand verbunden. Die Gletscherskigebiete stellen jedoch durch die hohe Schneesicherheit einen wichtigen Teil des Angebots in der Wintersaison dar. Für sechs von acht österreichischen Destinationen mit Gletscherskigebieten wurde festgestellt, dass die Übernachtungen in schneereichen Wintern unter-, in schneearmen Wintern dagegen überdurchschnittlich sind (Töglhofer et al. 2011; Mayer et al. 2018). Dies bedeutet, dass sich die Nachfrage in schneearmen Wintern etwas in Richtung Gletscher- und andere hoch gelegene Skigebiete verlagert. Destinationen mit Zugang zu einem Gletscherski- gebiet innerhalb 20 Minuten Fahrdistanz werden von Gästen positiv bewertet (Pröbstl-Haider et al. 2015). Gästebefragungen in Österreich ergaben, dass rund ein Viertel der Befragten bei unsicheren Schneeverhältnissen auf einen Skiurlaub verzichten würde (Unbehaun et al. 2008; Fleischhacker et al. 2009). Zugleich ist die Bereitschaft zur Aufgabe der Loyalität zu einer Destination zugunsten einer Destination mit besseren Schneeverhältnissen sehr hoch (Un- behaun et al. 2008). Ebenso gaben die Befragten an, dass sie in schneearmen Wintern weniger Ski fahren würden (Unbe- haun et al. 2008; Luthe 2009). Rund ein Drittel der Skifahrer würde keinen Skiausflug oder Skiurlaub machen, wenn nur die Hälfte der Pisten geöffnet ist (Steiger und Posch 2017). Für 21 % der Tagesgäste und 19 % der Urlaubsgäste ist ein Szenario mit kaum Naturschnee, aber beschneiten Pisten nicht akzeptabel. Für Tagesgäste sind die aktuellen Natur- schneebedingungen entscheidend für die Destinationswahl, knapp gefolgt von der Anreisezeit. Für Urlaubsgäste dagegen sind vergangene Erfahrungen mit der Schneelage sowie die Schneesicherheit am wichtigsten (Steiger et al. 2020). Bei der Bedeutung der Schneesicherheit wurden jedoch Unter- schiede zwischen Nationen festgestellt, wobei Österreicher mehr Wert auf Schneesicherheit legten als deutsche oder ita- lienische Wintersportler (Pröbstl-Haider und Mostegl 2019). Skifahrer mit einem höheren Fahrkönnen wechseln eher die Destination, sind also weniger loyal als weniger gute Skifah- rer, Anfänger dagegen entscheiden sich eher dazu, gar nicht Ski zu fahren (Pröbstl-Haider et al. 2015; Rutty et al. 2015a). Die Folgen einer kürzeren Skisaison in manchen Jahren verbunden mit den daraus resultierenden Gästereaktionen wurden mit Nachfragemodellen untersucht. So könnte eine Erwärmung um 2 °C in einem schneearmen Winter, im Ver- gleich zu einem durchschnittlichen Winter in der Referenz- periode 1971–2000, zu Einbußen von 3,4–4,1 Mio. Nächti- gungen in Österreich führen (Damm et al. 2017). In einer weiteren Studie wurden die potenziellen Verluste für die Tourismuswirtschaft bei moderatem Klimawandel (mittleres Szenario) für den Zeitraum 2016–2045 auf rund 90 Mio. € pro Jahr geschätzt und für 2036–2065 auf rund 300 Mio. € pro Jahr (Köberl et al. 2015). In beiden Fällen war die Ana- lyse allerdings auf Nachfrageveränderungen bei den Näch- tigungen durch Naturschneemangel beschränkt. Der Effekt der technischen Beschneiung auf die Erstzutritte eines Ski- gebietes wurden in Damm et al. (2014) untersucht. Bis 2050 ist ein klimawandelbedingter Rückgang der Erstzutritte von 6 bis 28 % zu erwarten, während bei reiner Naturschnee- betrachtung ein Rückgang von 22 bis 64 % berechnet wurde. Insgesamt zeigt sich auch die deutlich höhere Klimasensi- tivität bei (Tages-)Skigästen im Vergleich zu Nächtigungs- gästen. Grundsätzlich unberücksichtigt sind in diesen Studien schneeunabhängige Zusatzangebote, welche die dargestellten Verluste unter Umständen reduzieren könnten. Durch die große Anpassungsfähigkeit des Gastes ist es wahrscheinlich, dass sich zuerst Veränderungen der Nach- frageverteilung innerhalb eines Marktes in Richtung Gunst- regionen bemerkbar machen (Rutty et al. 2015b). Dies könnte zu einer weiteren Konzentration des Tourismus führen mit entsprechenden Herausforderungen in begünstigten Destina- tionen hinsichtlich Kapazität, ökologischer und sozialer Trag- fähigkeit, Verkehr etc. Eine Simulation von Nachfragever- schiebungen, basierend auf Schneemodellierungen (Steiger 6 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im  Winter 113
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Tourismus und Klimawandel
Titel
Tourismus und Klimawandel
Autoren
Ulrike Pröbstl-Haider
Dagmar Lund-Durlacher
Marc Olefs
Franz Prettenthaler
Verlag
Springer Spektrum
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-662-61522-5
Abmessungen
21.0 x 28.0 cm
Seiten
263
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