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und Scott 2020) und Gästebefragungen (Steiger und Posch
2017), zeigt eine nur geringe Änderung der Nachfrage auf na-
tionaler Ebene bis Mitte des Jahrhunderts (Steiger et al. 2018).
Unter Annahme einer Erhöhung der Beschneiungskapazität in
allen Skigebieten auf den heutigen Referenzwert (72 Stunden
Grundbeschneiung) würde sich die Gästezahl in den Skige-
bieten bis 2050 nur um 2,2–6,7 % verringern (RCP 4.5 bzw.
RCP 8.5), trotz angenommener Schließung von nichtschnee-
sicheren Skigebieten. Auf regionaler Ebene hingegen zeigen
sich deutliche Verschiebungen der Nachfrage, welche von
Verlusten über 50 % (z. B. Regionen am Alpenrand) bis hin
zu Zuwächsen von 25–50 % (z. B. im westlichen Tirol, Ost-
tirol, Teile Kärntens) reichen. Gegen Ende des Jahrhunderts
beträgt der österreichweite Rückgang im mittleren Szenario
(RCP 4.5) 5,7 %, im „business-as-usual“-Szenario (RCP 8.5)
dagegen 63,4 % (Steiger et al. 2018).
Grundsätzlich ist der zu erwartende wirtschaftliche Nach-
teil durch Folgen des Klimawandels somit deutlich höher
und geht zudem über die Tourismusbranche hinaus. Unter
Annahme eines zehnprozentigen Nächtigungsrückgangs bei
Berücksichtigung weiterer Effekte in anderen, vom Touris-
mus abhängigen Wirtschaftsbranchen (mithilfe eines multi-
regionalen Input-Output-Modells) wird der Effekt auf die
Bruttowertschöpfung mit Verlusten von 32 Mrd. € geschätzt
(Prettenthaler et al. 2009). Naturgemäß sind die Tourismus-
bundesländer und speziell das Beherbergungs- und Gast-
stättenwesen am stärksten direkt betroffen. Bemerkenswert
ist jedoch, dass auch industriegeprägte Bundesländer durch
Vorleistungsverflechtungen von indirekten Effekten sehr stark
betroffen sind. Hier sind vor allem Oberösterreich und Nie-
derösterreich zu nennen, in welchen die Lebensmittelindus-
trie, der Handel und das Bauwesen wichtige Wirtschaftssek-
toren sind, die von der Tourismusbranche nachgefragt werden
(Prettenthaler und Formayer 2011). Diese indirekten Effekte
sind vor allem in der mittleren Frist stärker spürbar.
Zu den Auswirkungen des Klimawandels auf weitere
Winteraktivitäten neben dem Pistensport existieren noch
vergleichsweise wenige Studien. Für das Langlaufen wurde
festgestellt, dass das Thema Landschaftsästhetik, worunter
auch die verschneite Winterlandschaft einzuordnen ist, für die
Mehrheit der Langläufer in Österreich einen hohen Stellen-
wert hat (Landauer und Pröbstl 2008). Schneemangel wirkt
sich somit bei Langläufern nicht nur direkt auf die Saison-
länge und die Möglichkeit, den Sport auszuüben, aus, sondern
auch indirekt, indem eine Landschaft mit wenig oder keinem
Naturschnee als weniger attraktiv wahrgenommen wird.
Im Falle schlechter Schneebedingungen ist die Wahl einer
schneesicheren Langlaufdestination die bevorzugte Anpas-
sungsmaßnahme, gefolgt von einer kurzfristigeren Urlaubs-
buchung, wenn genügend Schnee liegt, und dem Wechsel von
Langlaufurlaub zu Tagesausflügen bei guter Schneelage (Lan-
dauer und Pröbstl 2008). Rund 20 % würden den Sport bei
ungenügenden Verhältnissen eher nicht ausüben, wohingegen das gesundheitsaffine Segment (55 %) am robustesten gegen-
über Schneemangel ist und bereit wäre, auf andere Sport-
arten in der Destination auszuweichen (Landauer et al. 2012;
Pröbstl-Haider und Haider 2013). Bauliche Maßnahmen,
wie z. B. die in Finnland populären Skitunnels, werden von
den befragten österreichischen Langläufern deutlich abge-
lehnt (Landauer et al. 2013). Grundsätzlich ist jedoch auch zu
berücksichtigen, dass Langlaufloipen zunehmend beschneit
werden oder mit über den Sommer gelagertem Schnee im
Spätherbst geöffnet werden. Diese punktuell feststellbare Zu-
nahme (z. B. Davos, Seefeld) deutet auf vorhandene Kunden-
segmente hin, die ein derartiges Angebot nachfragen.
Eissportarten sind ebenfalls potenziell vom Klimawandel
betroffen. Bei steigenden Temperaturen ist zu erwarten, dass
sich Nutzungszeiten von z. B. Outdooreisflächen verkürzen.
Mögliche Folgen daraus sind technische Anpassungen, z. B.
leistungsstärkere Kühlanlagen oder künstliche Beschattung
(Überdachung), oder die Schließung von Outdooranlagen
und gegebenenfalls Errichtung von Indooranlagen. Unter-
suchungen hierzu sind jedoch nicht bekannt.
6.3.2 Einfluss auf den Klimawandel
Ebenso wie alle anderen Tourismussegmente trägt auch der
winterliche Outdoortourismus selbst zum Klimawandel bei.
Dabei fällt der Hauptanteil der Treibhausgasemissionen, die
von Wintertouristinnen und -touristen verursacht werden, auf
Transport, Unterkunft und Verpflegung. In einer Studie von
Friesenbichler (2003) zum Wintertourismus in Österreich
(auf Basis von Daten aus dem Jahr 2001) machten zum Bei-
spiel die Kategorie Beherbergung und Gastronomie 58,3 %
und die Transportdienstleistungen 37,9 % aus, während die
spezifische Wintersportinfrastruktur nur für 3,8 % verant-
wortlich war. In einer ähnlichen Studie in einem französi-
schen Wintersportgebiet kamen Duprez und Burget (2007)
auf 74,0 % für An- und Abreise und Transport am Urlaubs-
ort sowie 18,7 % für Beherbergung und Gastronomie. Der
Pistenservice machte dagegen nur 1,9 % aus (5,4 % beliefen
sich auf sonstige Aktivitäten, wie z. B. die Beheizung und
Elektrizität von Geschäften oder die mit dem Tourismus ver-
bundenen Transporte der örtlichen Bevölkerung). In einer
jüngeren Studie des Umweltbundesamts (2018) fielen 50 %
der Emissionen für einen Skiurlaub in Österreich auf die An-
und Abreise, 32 % auf die Beherbergung und 18 % auf die
Aktivitäten. Diese Studien können nur generelle Tendenzen
wiedergeben und sind auch nicht ohne Weiteres miteinander
vergleichbar, da die Ergebnisse z. T. nur auf einem (Duprez
und Burget 2007) oder wenigen Skigebieten (Friesenbich-
ler 2003) beruhen, die dahinterliegenden Daten zum Teil
schon recht veraltet sind (Friesenbichler 2003), oder verein-
fachende Annahmen getroffen werden mussten (Umwelt-
bundesamt 2018).
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263