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Der global beobachtete Trend hin zu kĂĽrzeren Aufenthal-
ten (Gössling et al. 2018) betrifft auch den Wintertourismus
in Ă–sterreich und hat entsprechende Auswirkungen auf den
Beitrag des Tourismus zum Klimawandel. Lag die durch-
schnittliche Aufenthaltsdauer im Winter in den 1980er-Jahren
noch bei rund 6 Tagen, so wurde im Winter 2017/2018 ein
neuer Tiefstwert mit 3,62 Tagen erreicht (Statistik Austria
2019). Die Aufenthaltsdauer im Zeitraum 2010–2018 lag um
34 % niedriger als im Zeitraum 1980–1989. Um die Anzahl
der Gäste und die damit verbundenen Einnahmen aus dem
Tourismus zumindest halten zu können, ist folglich eine Er-
höhung des Gästevolumens um den gleichen Betrag nötig. Da
das Anreiseverhalten in diesem Zeitraum relativ stabil blieb,
ergibt sich aus dieser nötigen Steigerung automatisch auch
eine deutliche Verkehrszunahme. Die AnkĂĽnfte sind seit den
1980ern um rund 122 % gestiegen (Statistik Austria 2019),
haben sich also mehr als verdoppelt, mit entsprechenden
Auswirkungen auf den Verkehr. Ein direkter RĂĽckschluss
auf durch touristischen Verkehr ausgelöste CO2-Emissionen
ist nicht ohne Weiteres möglich, da sich der Durchschnitts-
verbrauch der Kraftfahrzeuge in diesem Zeitraum verringert
hat. Zwischen 1995 und 2017 betrug in Deutschland dieser
RĂĽckgang 1,4 l/100 km oder 15,9 % (BMVI 2018).
Es ist anzunehmen, dass im Wintertourismus die Emis-
sionen durch Beheizung von Hotels und anderen Beherber-
gungsarten höher sind als bei anderen Tourismussegmenten.
Genauere Vergleichsstudien dazu fehlen jedoch bislang. An-
gaben für Mobilität, Unterkunft sowie Gastronomie sind in
den Kap. 3, 4 und 11 zu finden.
Die Beschneiung, und insbesondere der damit verbundene
Energieverbrauch, wird in der Presse und Ă–ffentlichkeit im-
mer wieder im Zusammenhang mit dem Klimawandel the-
matisiert. Die österreichischen Seilbahnen geben den Strom-
bedarf der Beschneiung mit 15.000 kWh pro Jahr und Hektar
an (WKO 2019). Bei rund 23.700 ha beschneiter Pistenfläche
(WKO 2019) ergibt das 355,5 GWh. Andere Datenquellen
gehen von deutlich mehr Strombedarf fĂĽr die Beschneiung
aus: Der deutsche Skiverband rechnet mit 20.000 kWh pro
Hektar fĂĽr eine Grundbeschneiung von 30 cm (DSV 2019).
Da die Grundbeschneiung in der Regel aber durch die Nach-
beschneiung ergänzt wird (Steiger und Mayer 2008), dürften
die Praxiswerte nochmals höher sein. Unter der Annahme,
dass die Nachbeschneiung zusätzlich 30 cm beträgt (Pröbstl
2006), ergibt sich hieraus also ein Strombedarf von rund
355–950 GWh pro Jahr. Dies entspricht dem Stromverbrauch
in privaten Haushalten von 215.000–570.000 Einwohnern
(E-Control 2018). Diese Werte sind allerdings in Relation
zu anderen Urlaubsformen zu sehen. So kam das UBA zum
Schluss, dass bei einem Sommerurlaub in Ă–sterreich in etwa
gleich viel Treibhausgasemissionen wie beim Winterurlaub
anfallen, der Sommerurlaub in Italien hingegen ist in der Bi-
lanz schon schlechter (Umweltbundesamt 2018). Allerdings
ist hier zu beachten, dass die zugrunde liegenden Annahmen der Urlaubsaktivitäten und der durchschnittlichen Reisedis-
tanz einen maĂźgeblichen Einfluss auf die Ergebnisse haben.
AuĂźerdem ist fraglich, ob der Strommix und somit die CO2-
Emissionen aus der Stromerzeugung im Winter gleich sind
wie im Sommer. Daher können die dargestellten Ergebnisse
nur eine grobe Abschätzung geben. Eindeutig ist jedoch, dass
die Treibhausgasemissionen einer Flugreise die eines Winter-
urlaubs in Ă–sterreich um ein Vielfaches ĂĽbersteigen.
BezĂĽglich der spezifischen Wintersportinfrastruktur lohnt
es sich, nochmals einen Blick auf die Studie von Friesen-
bichler (2003) zu werfen, wo dieser Bereich genauer unter-
sucht wird. Dabei werden folgende relevante Elemente iden-
tifiziert: Aufstiegshilfen, Beschneiungsanlagen, Pistengeräte
und Flutlicht. Die Emissionen werden damit hauptsächlich
im Bereich Alpinski, Snowboard und in geringerer Intensität
im Bereich Langlauf erzeugt, während die technisch weniger
aufwendigen Aktivitäten Winterwandern und Tourengehen
kaum dazu beitragen. Mangels Daten zum Gesamtenergiever-
brauch der österreichischen Skigebiete zog Friesenbichler zur
Berechnung die Daten von ausgewählten Fallstudien heran.
Vollständige Daten konnten dabei für die Planai-Hochwur-
zen-Bahnen in der Steiermark (Wintersaison 2000/2001) und
für die Gletscherbahnen Kaprun (Geschäftsjahr 2000/2001)
verwendet werden. Die Planai-Hochwurzen-Bahnen hatten
in diesem Zeitraum 834.185 Ersteintritte zu verzeichnen.
Das Skigebiet verfĂĽgte ĂĽber eine Flutlichtanlage und An-
lagen zur Beschneiung von 200 ha Pistenfläche. Für die
Saison wurde unter Berücksichtigung des österreichischen
Strommixes berechnet, dass 2926 t CO2 generiert wurden,
davon 35,5 % durch die Beschneiungsanlagen, 35,2 % durch
Aufstiegshilfen, 25,9 % durch Pistengeräte, nur 0,1 % durch
die Flutlichtanlage sowie 3,3 % durch sonstigen Energiever-
brauch, zum Beispiel zur Beheizung und Beleuchtung der
Berg- und Talstationen. Die Gletscherbahnen Kaprun hatten
842.073 Ersteintritte, davon 736.233 in der Wintersaison. Die
Beschneiungsfläche war in diesem Fall deutlich geringer, mit
nur 18 ha. Flutlichtanlage gab es keine. Damit konnte gesamt
die Erzeugung von 3166 t CO2 geschätzt werden, 47,7 % für
Aufstiegshilfen, 29,8 % für Pistengeräte, 1,2 % für die Be-
schneiung und 21,1 % Sonstiges.
Damit beliefen sich die Emissionen pro Ersteintritt fĂĽr
die Planai-Hochwurzen-Bahnen auf 3,5 kg CO2 und fĂĽr die
Gletscherbahnen Kaprun auf 3,8 kg. FĂĽr die Schweiz wurden
4–7 kg CO2 pro Ersteintritt bei vier untersuchten Skigebieten
festgestellt (Zegg et al. 2010). FĂĽr Ă–sterreich insgesamt be-
rechnete Friesenbichler die Gesamtemissionen auf Basis einer
Angabe des Fachverbandes für Seilbahnen zu den jährlichen
Energieausgaben. Darauf basierend ging er von einem durch-
schnittlichen Wert pro Ersteintritt von nur 2,6 kg CO2 aus,
wodurch eine Emissionsmenge fĂĽr die Outdoorinfrastruktur
von 182.000 t CO2 geschätzt werden konnte und damit, wie
bereits erwähnt, nur 3,8 % der Gesamtemissionen im alpinen
Wintertourismus ausmachte.
6 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen imÂ
Winter 115
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263