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(Scott und McBoyle 2001; Scott et al. 2004; Hamilton et al.
2005; Amelung und Viner 2006). Starke Erwärmungen in den
Städten und urbanen Räumen – d. h. Sommertage mit 25 °C
und mehr sowie Hitzetage mit 30 °C und mehr treten häufiger
auf – könnten darüber hinaus die Attraktivität der Berggebiete
weiter steigern (Zebisch et al. 2005; Allex et al. 2013; Weber
et al. 2018).
Juschten et al. (2019) untersuchten am Beispiel von Wien
eine mögliche Verhaltensänderung der urbanen Bevölkerung
durch eine Reise in die „Sommerfrische“. Der Anteil von
46 %, die angaben, dass sie bereits Hitzestress erlebt haben
und eine Reise antreten wollen, ist doppelt so hoch wie bei
denjenigen Befragten, die sich bislang nicht durch Hitzestress
belastet fĂĽhlen (23 %). Die Ergebnisse der Studie weisen ins-
gesamt darauf hin, dass um die urbanen Räume die hitzebe-
dingten Reisetätigkeiten zunehmen.
Falk (2014) betrachtet die Auswirkungen von Klima-
schwankungen (gemessen als Durchschnittstemperaturen,
Sonnenscheindauer und Niederschläge) auf die touristische
Nachfrage in Österreich während der Sommerferienhoch-
saison (Juli und August). Dabei wird zwischen in- und aus-
ländischen Besucherinnen und Besuchern unterschieden und
ein langer Zeitraum analysiert (1960–2012 für inländische und
1967–2012 für ausländische Besucherinnen und Besucher).
Ausgehend von statischen und dynamischen Tourismusnach-
fragemodellen zeigt sich, dass die Sonnenscheindauer – und in
geringerem Maße auch die Temperaturen – einen starken und
statistisch verlässlichen Einfluss auf die Zahl der in- und aus-
ländischen Übernachtungen in der Sommersaison in Österreich
hat. Für die inländischen Gäste zeigen die Ergebnisse, dass
sich höhere Temperaturen und mehr Sonnenscheinstunden in
der laufenden Sommersaison positiv auf die Ăśbernachtungen
in den gleichen Monaten auswirken. Bei ausländischen Über-
nachtungen zeigt sich dagegen, dass die Wetterverhältnisse im
Juli und August die Besuchernächte erst mit einer einjährigen
Verzögerung beeinflussen und vor allem Besucherinnen und
Besucher aus dem benachbarten Ausland betreffen. Insgesamt
sind die kurzfristigen Auswirkungen höherer Temperaturen
und Sonnenscheinstunden auf die touristische Nachfrage je-
doch nicht sehr groĂź. Ein einmaliger Temperaturanstieg im Juli
und August (entspricht 1 °C) wird die Zahl der inländischen
Übernachtungen kurzfristig nur um 1,3 % erhöhen. Ein An-
stieg der Sonnenscheindauer um 30 % (entspricht dem An-
stieg im Hitzesommer 2013 in Ă–sterreich) wird dazu fĂĽhren,
dass die Zahl der inländischen Übernachtungen kurzfristig
um 2,1 % steigt. Die langfristigen Auswirkungen sonniger
Sommersaisonen auf in- und ausländische Übernachtungen
sind dabei höher, aber diese Effekte treten über einen mehr-
jährigen Anpassungszeitraum auf. Die Ergebnisse zeigen fer-
ner, dass das reale Einkommen und die relativen Preise fĂĽr die
Nachfrage nach inländischem Tourismus nicht relevant sind,
aber wichtige Determinanten der ausländischen Tourismus-
nachfrage sind. Die Ergebnisse von Falk (2014) zeigen, dass die Zunahme des Sonnenscheins in den letzten 50 Jahren um
35 Stunden (das entspricht einer Zunahme von 0,7 Sonnen-
stunden pro Jahr) die Zahl der inländischen Übernachtungen
um 5,5 %, kumuliert über den gesamten Zeitraum, erhöht hat.
Bei ausländischen Übernachtungen beträgt der entsprechende
Anstieg 10 % (wiederum kumuliert ĂĽber den gesamten Zeit-
raum). Auf dieser Studie aufbauend untersucht Falk (2015)
auch den Zusammenhang zwischen Wetterbedingungen und
Tourismusnachfrage für die Sommersaison in österreichischen
Bundesländern anhand von Paneldaten2 für die neun Bundes-
länder in Österreich für den Zeitraum von 1974 bis 2012. Die
Ergebnisse bestätigen die zuvor genannten Tendenzen. Darüber
hinaus zeigte sich, dass die Effekte in den einzelnen Regionen
sehr unterschiedlich ausfallen, wobei die Auswirkungen auf
ländliche Ziele mit vielen Seen (Salzburg, Kärnten und Ober-
österreich) und auf Tieflandregionen (Burgenland und Nieder-
österreich) größer sind. Im Gegensatz dazu sind die variablen
Wetterbedingungen fĂĽr den Tourismus in Bergregionen wie
Tirol weniger relevant.
Insgesamt geht Falk (2015) mit Blick auf den Sommer-
tourismus davon aus, dass die Mehrheit der österreichischen
Bundesländer von der globalen Erwärmung profitiert. Über
einen längeren Zeitraum sind die Auswirkungen des Klima-
wandels in Form von höheren Temperaturen und erhöhter
Sonneneinstrahlung auf die Tourismusnachfrage jedoch
eher gering. Zu ähnlichen Ergebnissen beruhend auf einer
repräsentativen Befragung potenzieller Gäste aus Deutsch-
land kommen auch Pröbstl-Haider et al. (2014). Die Autoren
zeigen zudem, dass die Bewertung von wärmeren Bedingun-
gen je nach Urlaubsart und Aktivität unterschiedlich ist. Die
Bedeutung von stark zunehmenden Sonnentagen fĂĽr die Aus-
wahlentscheidung einer alpinen Destination ist in weniger
spezialisierten, entspannungsorientierten Urlaubersegmenten
größer als in den Segmenten, die auf der Suche nach natürli-
cher Integrität (Naturnähe) oder einem vielfältigen Angebot
fĂĽr Sport und Erholung im Freien sind.
Insgesamt ist auch von einer potenziellen Saisonverlänge-
rung insbesondere für Outdooraktivitäten und entsprechende
Urlaube auszugehen, da im Zuge der Klimaerwärmung Früh-
ling und Herbst einen etwas anderen klimatischen Charakter
bekommen könnten. Die Daten der ZAMG (o.J.a) zeigen,
dass es tendenziell im FrĂĽhling frĂĽher warm und im Herbst
später kalt wird. Weiterhin wird von der meteorologischen
Forschung von zunehmenden Starkniederschlägen aus-
gegangen (ZAMG o.J.b), deren unmittelbare Konsequenzen
wurden bislang wenig untersucht.
Im internationalen Vergleich kommen Brice et al. (2017),
die die Auswirkungen des Klimawandels auf die Erholungs-
aktivitäten überprüfen, zu einer Liste möglicher betroffener
2 Paneldaten haben sowohl eine Zeitreihe als auch eine Querschnitts-
dimension, die durch die österreichischen Bundesländer repräsentiert
wird.
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263