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Aktivitäten. Aus ihrer Sicht sind im Sommer vor allem
Wassersportarten, Beobachtung von wild lebenden Tieren,
Wanderaktivitäten, aber auch kulturtouristische Aktivtäten,
Fischerei und Jagd potenziell betroffen. Die zu erwartende
Betroffenheit bezogen auf Österreich ist in Abschn. 7.4 zu-
sammengefasst.
Unabhängig von der Anreise weisen die nachstehenden
touristischen Aktivitäten einen eher geringen Energiever-
brauch und Beitrag zum Klimawandel auf. Zu den spar-
samsten Aktivitäten zählen etwa Reiten, Wandern, Segeln
und Surfen sowie Radfahren und Mountainbiking (Veit 2002;
Formayer und Kromp-Kolb 2009).
Einfluss des Klimawandels auf das Landschaftsbild
und die Erholungsinfrastruktur
Im Zusammenhang mit Urlaubsaktivitäten werden in der
Literatur auch negative Effekte durch eine Veränderung des
Landschaftsbildes diskutiert. Entsprechende Auswirkungen
könnten u. a. durch Abschmelzen der Gletscher, geschädigte
Wälder oder Landschaftsveränderungen durch Erosionen,
aber auch gravierende Änderungen der Landnutzung ent-
stehen (Ammer und Pröbstl 1991; Pröbstl und Damm 2009;
Pröbstl-Haider et al. 2015; Schneider et al. 2019).
Nachdem Österreich durch eine vielfältige Kulturland-
schaft geprägt ist und das häufig kleinteilige Landschaftsbild
einen besonderen Reiz für die touristische Nutzung im ländli-
chen Raum hat, gingen Pröbstl-Haider et al. (2015) der Frage
nach, wie sich dann, wenn der Klimawandel Intensivierungen
der Landnutzung begünstigt, das Landschaftsbild verändern
würde. Es wurde insbesondere analysiert, ob die Bauern
in ausgewählten Landschaften in Niederösterreich und der
Steiermark auch auf Kleinstrukturen, wie Iriswiesen oder
Einzelbäume, verzichten werden, wenn dies wirtschaftlich
deutlich lohnender wäre. Die Befragung von insgesamt 239
Betriebsinhabern weist darauf hin, dass dann, wenn der Kli-
mawandel eine intensive Bewirtschaftung (z. B. den Anbau
von Mais) erlaubt, diese Option auch wahrgenommen wird.
Derzeitige Förderungen reichen nicht aus, um die Diversität,
insbesondere artenreiches Grünland, zu erhalten. Ähnliche
Tendenzen sind auch in Weinbaulandschaften zu erkennen.
Auch hier gehen die Anteile mit extensivem Grünland und
Streuobst zurück (Pröbstl-Haider et al. 2017b).
Im Blick auf die durch Almen geprägte Gebirgslandschaft
wird auch eine Nutzungsänderung oder Auflassung von
Almen als Folge des Klimawandels diskutiert, die zu einer
Zunahme der Verwaldung führen könnte. Studien aus der
Schweiz, aber auch aus Österreich zeigen jedoch in diesem
Zusammenhang, dass auch im Hinblick einer Verwaldung
bzw. Offenhaltung der Landschaft bei den Touristinnen und
Touristen (anders als bei den Einheimischen) von einer gro-
ßen Toleranz auszugehen ist, solange nicht ein Waldanteil
über 80 % erreicht wird (vgl. Hunziker 2000 für die Schweiz;
Pröbstl-Haider et al. 2018 für Österreich). Auswirkungen durch erhebliche Landschaftsbildverände-
rungen werden auch für den Bereich des Neusiedler Sees im
klimatisch relativ trockenen Teil des Burgenlandes erwartet.
Der Neusiedler See weist als flachgründiger Steppensee einen
maximalen Wasserstand von zwei Metern auf. Historische
Aufzeichnungen belegen, dass der See aufgrund seiner gerin-
gen Wassertiefe im 18. und 19. Jahrhundert jeweils über einen
längeren Zeitraum hinweg vollkommen austrocknete. Klima-
studien zeigen, dass vergleichbare Ereignisse zukünftig mit
höherer Wahrscheinlichkeit erwartet werden müssen: So kann
z. B. eine Klimaerwärmung zu einer markanten Erhöhung
der Verdunstung des Wassers des Neusiedler Sees führen
und eine vier- bis sechsjährige Aufeinanderfolge extrem tro-
ckener Sommer zu einer (Teil-)Austrocknung des Sees führen
(Kromp-Kolb et al. 2005). Die Tatsache, dass in der Region
Neusiedler See bereits unterschiedliche Alternativen zur Ver-
meidung derartiger starker Wasserschwankungen diskutiert
werden, zeigt, dass es Befürchtungen gibt, dass ein wieder-
holtes, starkes Absinken des Wasserspiegels die Attraktivität
des Neusiedler Sees und der Region deutlich negativ beein-
flussen und damit auch wirtschaftliche Konsequenzen haben
könnte. Forschungsergebnisse zeigten hier, dass die Wirkung
von Wasserschwankungen auf die Urlaubsgäste vom jeweili-
gen Landschaftstyp entlang des Seeufers abhängig ist (Pröbstl
et al. 2007). Insbesondere schilfbetonte Bereiche des Seeufers
sind in dieser Hinsicht weniger betroffen, weil sich das Land-
schaftsbild hier auch bei Absenken des Wasserspiegels we-
niger stark verändert. Allerdings variiert die Empfindlichkeit
bezogen auf Wasserschwankungen entsprechend den Motiven
der Urlauberinnen und Urlauber. So wurde eine hohe Emp-
findlichkeit bei Interesse an Naturbeobachtung festgestellt.
Verschiedene Autorinnen und Autoren untersuchten Ver-
änderungen am Wald, z. B. durch Borkenkäfer oder andere
Belastungen in Deutschland. Dabei zeigte sich, dass Wälder
mit einzelnen geschädigten Bäumen von 83 % nicht negativ
wahrgenommen werden, bei mittlerem Schädigungsgrad gilt
dies auch noch für 40 % der Waldbesucherinnen und -besu-
cher (Ammer und Pröbstl 1991). Studien von Müller und Job
(2009) zeigen, dass trotz erheblicher Schäden Touristinnen und
Touristen, die diese Landschaft aufsuchen, in Schutzgebieten
eine neutrale Haltung gegenüber dem Borkenkäfer haben und
gegen eine Bekämpfung sind. Im Allgemeinen werden jedoch
stark veränderte Landschaften negativ wahrgenommen, da
das Landschaftserlebnis zur wichtigsten Motivation für die
Urlauberinnen und Urlauber zählt (Arnberger et al. 2018).
Alle genannten Studien weisen aber auch darauf hin, dass die
Akzeptanz durch Information positiv beeinflusst werden kann.
Auch die Reduktion und der Verlust von Gletschern könn-
ten für das Urlaubserlebnis relevant sein, weil sich dadurch
optische Landschaftsveränderungen ergeben. Seit dem letzten
Höchststand gegen Ende der sogenannten kleinen Eiszeit um
1850 haben die österreichischen Gletscher bereits mehr als
50 % ihrer Fläche verloren. Laut Modellrechnungen gehen bis
7 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im Sommer und in den Übergangszeiten 127
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263