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zum Ende des Jahrhunderts rund 83 % der Gletscherfläche in
Österreich verloren. Dabei verschwinden die kleinen und mitt-
leren Gletscher völlig. Große Gletscher, wie die Pasterze, wer-
den im 22. Jahrhundert nur noch in stark verkleinerter Form
bestehen. Die österreichischen Gletscher werden aufgrund der
geringen Gipfelhöhen früher abschmelzen als die im Mittel
höher gelegenen Gletscher der Westalpen (ZAMG o.J.c). Aller-
dings gibt es noch keine Studie, die den Verlust zum Beispiel
im Hinblick auf mögliche nicht erfolgende Buchungen quan-
tifiziert hat. Im Hinblick auf den Bergtourismus zeigte sich bei
der Destinationswahl für einen Bergurlaub in Österreich und in
der Schweiz eine hohe Präferenz für einen möglichst umfas-
senden Ausblick, nicht jedoch speziell fokussiert auf Gletscher
(Pröbstl et al. 2011; Pröbstl-Haider et al. 2016). Dies trifft bis-
lang auch auf bekannte Gletscherregionen, wie den Aletsch-
Gletscher, zu. In dieser Region sind trotz starken Rückzugs
bislang keine Rückgänge der Touristinnen und Touristen zu
verzeichnen, die mit dem veränderten Landschaftsbild in Ver-
bindung zu bringen sind. In diesem Zusammenhang könnte es
sich auch um das Phänomen des „last chance tourism“ han-
deln: Die Nachfrage in Gletschergebieten geht deshalb nicht
zurück, weil man sich die Chance nicht entgehen lassen will,
noch einen Gletscher zu sehen, bevor er verschwunden ist.
Neben der Landschaftsbildveränderung durch das Ab-
schmelzen von Gletschern ergeben sich weitere mögliche
Effekte, die durch den Gletscherrückgang, Rückgang von Per-
mafrost in Boden und Gestein sowie durch Starkregenereig-
nisse Auswirkungen auf den Bergtourismus haben können.
Insbesondere zunehmende Ausaperung (Steinschlag-,
Blockschlaggefahr), Abschmelzen von Gletscherzungen
(häufig zunehmende Steilheit), Absenkung von Gletscher-
oberflächen (Ausbildung von Felsstufen beim Übergang von
Gletscher zu Fels, vergrößerter Bergschrund) und Laufver- lagerungen von Gletscherbächen wirken sich auf die Routen
für Wandern, Bergtouren und Mountainbiken aus, aber auch
Kletterrouten, Schutzhütten, Seilbahnanlagen sowie Wege
und Steige sind betroffen (Pröbstl und Damm 2009).
Die erwarteten Effekte umfassen (Abb. 7.1) auch neue
Gefährdungen, etwa durch Steinschlag, Erschwernisse bei
den Touren durch beeinträchtigte Wege sowie Auswirkungen
auf das Landschaftsbild. Zur Reduzierung bzw. Vermeidung
unverhältnismäßiger Risiken kann sich für Hüttenzugänge,
Höhenwanderwege und Übergänge die Notwendigkeit von
Anpassung, Neubau und Instandhaltung ergeben. Auch der
Neubau von Infrastrukturanlagen kann erforderlich sein.
Befragungen von Bergtouristinnen und -touristen ergaben
bislang, dass für das Buchungsverhalten vor allem ausschlag-
gebend ist, ob die Aktivitäten (z. B. Bergwandern, Klettern,
Mountainbiken) grundsätzlich weiter durchgeführt werden
können. Kleinteilige Veränderungen in der Hochgebirgsland-
schaft waren weniger relevant. Für die Tourismusdestinatio-
nen und die alpinen Vereine leiten sich daraus jedoch zu-
künftig erhebliche Kostensteigerungen für die Instandhaltung
der Infrastruktur ab (Pröbstl und Damm 2009).
Einfluss des Klimawandels auf die Ausbreitung von
gesundheitlichen Risikofaktoren
Die oben beschriebenen saisonalen Verschiebungen, insbeson-
dere im Frühjahr, können die Blütezeit von Pflanzen beeinflus-
sen und damit das Wohlbefinden und die touristische Eignung
bestimmter Destinationen für Allergikerinnen und Allergiker
wesentlich beeinflussen. Nicht nur die Veränderung durch eine
früher eintretende Belastung durch einheimische Pollen (wie
etwa Birke oder Hasel), sondern auch durch Ausbreitung von
Neophyten, d. h. eingewanderten Arten, können sich neue
Problemstellungen ergeben (Karrer et al. 2011; Moshammer
Abb. 7.1 Potenzielle Auswir-
kungen von Gletscherabschmel-
zen und Permafrostdegradation
auf den Bergtourismus (Pröbstl
und Damm 2009). Die Strich-
stärke verdeutlicht die relative
Häufigkeit
Mögliche Konsequenzen für Wanderer und Hochtouristen
Gefährdung Erschwernis / Bedrohung Landschaftsveränderung
Gletscherrückzug und Permafrost - Degradation
Steinschlag Felssturz Murgang Abschmelzen von
Schneebrücken,
Spaltenbildung,
Randklüfte Abschmelzen von
Firnbereichen,
Ausapern von Eis
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263