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et al. 2014). Hierzu zählt insbesondere Ragweed (Ambrosia
artemisiifolia), eine ursprünglich in Nordamerika beheimatete
Pflanze, die seit 1960 auch regelmäßig in Österreich vor-
kommt. Die Ausbreitung erfolgt langsam, aber kontinuierlich
in landwirtschaftlichen Flächen Südost- und Ostösterreichs.
Seit dem Jahr 2000 wird eine rasche Ausbreitung im urbanen
Raum, insbesondere entlang linearer Korridore (Straßen, Was-
serwege) beobachtet. In Ostösterreich sind 30 % der Aller-
gikerinnen und Allergiker sensibel auf Ragweedpollen (in Un-
garn 80 %). Daher ist es wichtig, die Bedingungen langfristig
zu prüfen und die veränderten Bedingungen für Allergiker zu
kommunizieren (Moshammer et al. 2014; APCC 2018).
Weitere Effekte können durch eine erweiterte Verbreitung
von Zecken, die Verbreitung von Krankheitserregern durch
Mücken sowie durch lokale Insektenkalamitäten, wie dem
Prozessionsspinner, erfolgen, deren Auftreten ebenfalls durch
den Klimawandel begünstigt wird (APCC 2018).
Internationale Forschungsarbeiten weisen weiterhin darauf
hin, dass sich durch den Klimawandel und Hitzetage die ne-
gativen Effekte von Ozon und Luftverschmutzung verstärken
(Brasseur 2009). Dies gilt umso mehr, wenn anstrengende
Aktivitäten im Freien und Sport ausgeübt werden (Löndahl
et al. 2007; Giles und Koehle 2014).
7.3.2 Einfluss des Klimawandels auf spezielle
Aktivitäten
Wandern, Nordic Walking und Spazierengehen
Die Aktivitäten Wandern, Nordic Walking und Spazierenge-
hen werden von vielen Erholungssuchenden in ihrem Urlaub
ausgeübt. Insgesamt ist nicht mit erheblichen Auswirkungen
zu rechnen, da über das ganze Jahr hinweg gesehen die Rah-
menbedingungen sich für diese Aktivitäten insgesamt eher
verbessern. Insbesondere die Frühjahrs- und die Herbstsaison
werden attraktiver. Hierfür ist vor allem eine Erhöhung der
Sonnenscheindauer verantwortlich. Die Temperatur ist bei den
Aktivitäten Wandern und Spazierengehen nicht entscheidend.
Dies gilt umso mehr als die Temperaturen in der alpinen Um-
gebung unter anderem stark von der Höhe, der Exposition und
dem Schattenwurf der Berge abhängen. In den letzten Jahr-
zehnten haben die Tage mit Sonnenschein und die Sonnen-
scheindauer insgesamt in den Alpen zugenommen und sind
Teil der Klimawandelszenarien für die alpinen Reiseziele in
Österreich geworden (Fleischhacker und Formayer 2007; Falk
2014, 2015). Betrachtet man die touristische Entwicklung in
den österreichischen Kurorten, dann lässt sich für 36 heilkli-
matische Kurorte3 und Luftkurorte in Österreich seit 2014 eine
3 Heilklimatische Kurorte zeichnen sich durch ein besonderes Zu-
sammenspiel von therapeutisch wirksamen bioklimatischen Reiz- und
Schonfaktoren aus, wobei Belastungen wie Staub oder Allergene mini-
miert sein müssen (siehe Baumann et al. 2013; Rösing 2018). positive Entwicklung der Sommernächtigungen durch eine
Zunahme deutscher Gäste feststellen (Fleischhacker 2019).
Beeinträchtigungen durch Klimawandelfolgeeffekte
können vor allem bei ausgedehnten Wanderungen durch
kleinräumige auftretende schwere Gewitter eintreten, die
Urlauberinnen und Urlauber direkt oder indirekt (etwa durch
Murenabgänge) in Gefahr bringen können. Derzeit sind
Aussagen über ihre zukünftige Entwicklung noch mit Un-
sicherheiten verbunden. Es wird davon ausgegangen, dass
in Zukunft schwere Gewitter häufiger auftreten, weil eine
wärmere Atmosphäre mehr Wasserdampf aufnehmen kann
(ZAMG o.J.b; siehe auch Abschn. 2.2.2). Auf Gefahren durch
Gewitter beim Bergsport weisen auch internationale Studien
hin: Brocherie et al. (2015) betonen, dass in den Zeiträumen
mit hoher Gewitterwahrscheinlichkeit auch meist mehr Men-
schen unterwegs sind.
Bergwandern, Klettern und Hochgebirgstouren
Die gesonderte Auswertung von Destinationen mit Schwer-
punkt Berg- und Alpintourismus zeigt rückblickend auf die
letzten 10 Jahre (Fleischhacker 2019) eine Zunahme, die
deutlich über den Anstiegszahlen für den Sommertourismus
in Österreich insgesamt liegt (Abb. 7.2). Diese touristische
Entwicklung spiegelt sich auch in den Mitgliederzahlen wich-
tiger alpiner Vereine in Österreich. So stiegen die Mitglieder-
zahlen beim österreichischen Alpenverein von ca. 330.000
im Jahr 2006 auf ca. 521.575 im Jahr 2017 (ÖAV 2017). Der
Tourismus mit Gastgewerbe- und Beherbergungsbetrieben
ist – auch in den größeren Höhenlagen – wirtschaftlich be-
deutend. Allein der Österreichische Alpenverein betreibt 235
Hütten mit 13.000 Schlafplätzen und über 350.000 Nächti-
gungen (ÖAV 2015), von denen sich viele in den durch den
Klimawandel stärker betroffenen Höhenlagen befinden.
Nachstehend sind die Auswirkungen vor allem auf berg-
touristische Aktivitäten in höheren Lagen zusammengestellt
(siehe dazu auch Abb. 7.1 von Pröbstl und Damm 2009).
In den Hochregionen der Alpen reagiert das Eis von
Gletschern und Permafrost sensibel auf Klimaänderungen.
Gletscherschwund, Anstieg der Temperatur in Bereichen mit
Permafrost sowie eine Zunahme von Hanginstabilitäten und
Massenbewegungen sind Anzeichen für die Folgen des Kli-
mawandels. Diese beeinflussen in erheblichem Umfang das
gegenwärtige und künftige Naturgefahrenpotenzial für den
Bergsport (Pröbstl und Damm 2009; Brocherie et al. 2015).
Viele Gletschergebiete sind Ausgangspunkt von Wande-
rungen und hochalpinen Touren. Die vorhandenen Hütten sind
zum Teil ganzjährig bewirtschaftet. Durch den Rückgang des
Permafrosts wird eine Zunahme von Muranrissen befürchtet,
sie entstehen u. a. dort, wo in der Vergangenheit Bodeneis
abgeschmolzen ist. Darüber hinaus sind Muranrisse oft im
Gletscherrückzugsgelände der vergangenen Jahrzehnte zu fin-
den. Die räumliche Verbreitung möglicher Anrissbereiche von
Muren kann zukünftig Gebäude, Wanderwege, Fahrstraßen
7 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im Sommer und in den Übergangszeiten 129
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263