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der Bergwelt interessiert beschrieben werden. Sie reagieren
sehr sensibel auf alle Arten von Risiken, besonders an Wegen
und durch Steinschlag. Sie sind vertraut mit alpinen Gefahren
und bleiben den Bergen auch bei zukünftig ungünstigeren
Bedingungen weitgehend „treu“. Die dritte Gruppe (12 %)
ist noch stärker auf ein möglichst natürliches Umfeld bei
der Bergtour fixiert. Sie stellen die geringsten Ansprüche an
die Infrastruktur. Natürliche Landschaftsveränderungen, wie
Rutschungen oder Muren, werden ebenfalls in hohem Maße
toleriert. Im Hinblick auf Steinschlag fällt ebenfalls ein hohes
Risikobewusstsein auf. Sie bleiben den Bergen auch unter
sich ändernden Rahmenbedingungen treu. Die Autorinnen
weisen darauf hin, dass der Ermittlung und Kommunikation
der Risiken eine große Bedeutung zukommt, um negativen
Effekten für den Tourismus vorzubeugen.
Baden in Naturseen und Tauchen
Die Nutzung von Seen gehört zu den wichtigen Urlaubs-
angeboten in Österreich mit ca. 12,2 Mio. Nächtigungen
(Fleischhacker und Formayer 2007). Insgesamt ist davon
auszugehen, dass sich die Bedingungen für den Badetouris-
mus an Österreichs Seen im Zusammenhang mit dem Klima-
wandel eher verbessern. Die meisten österreichischen Seen
sind eingebettet in ein spektakuläres Alpenpanorama und
werden in Zukunft unter den Bedingungen des Klimawan-
dels attraktiver. Die auch bei Fleischhacker und Formayer
(2007) und Fleischhacker (2019) dargestellten positiven
Entwicklungstrends beruhen auch auf der steigenden Zahl
von Tagen mit Sonnenschein und hohen Temperaturen. Es
wird davon ausgegangen, dass die Saison verlängert wird.
Aktuell wird von einer Zunahme der Sommertage (d. h.
Tage mit mehr als 25 °C) um 40 %, einer Verdopplung der
Hitzetage (d. h. Tage mit Temperaturen über 30 °C), einer
Halbierung kälterer Tage mit weniger als 20 °C und von ei-
nem Anstieg der Oberflächenwassertemperatur um ca. 2 °C
ausgegangen (BMWFJ 2012; für das verwendete regionali-
sierte Klimamodell MM5 siehe das Projekt reclip:more bzw.
Loibl et al. 2007; siehe auch Abschn. 2.2.2). Daraus werden
positive wirtschaftliche Auswirkungen für die gesamte Re-
gion erwartet (Chladek 2005; BMWFJ 2012; Greil 2012).
Allerdings zeigt eine Untersuchung von Greil (2012) am
Attersee, dass viele Gäste an österreichischen Badeseen dort
einen Zweitwohnsitz besitzen. Unter den oben genannten
klimatischen Bedingungen wollen zwei Drittel der Zweit-
wohnungsbesitzerinnen und -besitzer ihren Urlaub künftig
verlängern bzw. die Seen öfter besuchen. Demgegenüber
wird sich trotz der verbesserten Bedingungen die Aufent-
haltsdauer der Urlauberinnen und Urlauber dort nicht än-
dern, da die Zeiträume durch die Erwerbstätigkeit bestimmt
werden. Die Abweichungen lassen sich durch Unterschiede
in der sozialen Struktur und im Alter erklären. Dieser Um-
stand ist bei regionalökonomischen Abschätzungen zu be-
rücksichtigen. Weiterhin kann der Wasserstand in Badebereichen durch
den Klimawandel beeinflusst werden. Eine besondere Be-
trachtung der Bedingungen am Neusiedler See zeigte, dass,
solange der See optisch ausreichend attraktiv ist und als
Wasserfläche wirksam ist, die Veränderungen durch mögli-
che eingeschränkte Bademöglichkeiten für die Urlauberinnen
und Urlauber durch Pools oder künstlich angelegte Freibäder
kompensiert werden können (Pröbstl et al. 2007). Weiterhin
zeigen die Untersuchungen, dass ein Urlaub am Neusiedler
See nicht automatisch mit einem Badeurlaub gleichzusetzen
ist, sondern verschiedene Gästesegmente weitere Erwartun-
gen und Interessen im Hinblick auf natur-, kultur- und wein-
bezogene Angebote besitzen und diese teilweise – je nach
Segment – auch kompensatorisch wirken (Pröbstl et al. 2007).
Veränderungen des Wasserstandes können darüber hinaus
auch die Wassertemperatur des Gewässers oder der Bade-
bereiche beeinflussen. Änderungen der Wassertemperatur
von Badeteichen oder kleinen Seen können unter bestimmten
Bedingungen das Auftreten von Zerkarien, auch als Badeder-
matitis bezeichnet, begünstigen. Auch wenn die Zerkarien an
der Hautoberfläche absterben, sind die Rötung der Haut, der
Juckreiz oder bei Sensibilisierung die Pustel- bzw. Quaddel-
bildung unangenehm. Zerkarien finden sich in stehenden Süß-
gewässern, vorrangig mit geringer Wassertiefe. Seltener treten
sie in tieferen Wasserzonen auf. Die Parasiten können sich nur
vermehren und gedeihen, wenn ihre benötigten Wirte – Wasser-
schnecken und Enten – anwesend sind. Faktoren, die das Auf-
treten von Zerkarien begünstigen, sind stehende Süßgewässer,
eine niedrige Wassertiefe (insgesamt oder im Uferbereich),
das Vorhandensein von Wasserschnecken und Wasservögeln,
Schilfgürtel oder andere Wasserpflanzen sowie artenarme
Umweltbedingungen (wenige Fische im Wasser). Wenn durch
den Klimawandel länger andauernde Hitzeperioden gefördert
werden und eine hohe Badewassertemperatur erzeugt wird,
dann erhöht sich unter den oben genannten Bedingungen die
mögliche Beeinträchtigung durch Zerkarien bei Badenden und
tauchenden Gästen ohne Tauchanzug (Moshammer et al. 2014).
Algenblüten in Badeseen waren bisher eher Folge von
Nährstoffeinträgen in Gewässer. Änderungen der Wasser-
temperatur könnten das Vorkommen von Algen begünstigen.
Werden in ein Gewässer größere Mengen an Nährstoffen wie
Phosphor und Stickstoff eingetragen, dann fördert dies das
Wachstum von im Wasser schwebenden und mikroskopisch
kleinen pflanzlichen Organismen, zu denen die Blaualgen
(wissenschaftlich Cyanobakterien) gezählt werden. Durch
Auftreiben der Algen entstehen oft grünlich blaue oder
rote Teppiche an der Wasseroberfläche, die dann als Algen-
blüte bezeichnet werden und vor allem während warmer
und niederschlagsarmer Sommermonate auftreten können.
Massenansammlungen von Cyanobakterien verschlechtern
die Wasserqualität durch eine Verringerung des Lichteinfalls
für die am Boden lebenden Wasserpflanzen und durch eine
erhöhte Sauerstoffzehrung durch absterbende Algen (Dokulil
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263