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und Teubner 2012). Viele Cyanobakterien produzieren Stoffe
verschiedenster chemischer Zusammensetzung, die zum Teil
flĂĽchtig sind und unangenehm riechen. Andere Stoffe sind
fĂĽr Mensch und Tier hochgiftig, allen voran das Microcystin
(ein Heptapeptid), fĂĽr das aufgrund seiner weltweiten Ver-
breitung von der WHO ein Grenzwert von 1 µg pro Liter
für die maximal zulässige Konzentration im Trinkwasser
festgesetzt wurde. Im Hitzesommer 2018 wurden nicht nur
Badende, sondern auch Spaziergängerinnen und Spaziergän-
ger mit Hunden in Ă–sterreich vor kontaminierten TĂĽmpeln,
Schwimmteichen und Uferzonen gewarnt (ORF 21.07.2018).
Fischen als Urlaubs- und Freizeitaktivität
Es ist davon auszugehen, dass der Klimawandel die Urlaubs-
aktivität Fischen bzw. Angeln stark beeinflussen wird. Wie
bereits beim Baden und Tauchen dargestellt, sind Änderungen
der Wassertemperatur zu erwarten, was wiederum negative
Auswirkungen auf den Sauerstoffgehalt im Wasser hat. Wie
Melcher et al. (2013) zeigen, beeinflusst das Temperatur-
regime alle Lebensstadien von Fischpopulationen und wirkt
sich unter anderem auf das Migrationsverhalten, die Entwick-
lung, das Laichen, die Fruchtbarkeit und das Wachstum sowie
den Stoffwechsel, die Atmung und die Toleranz gegenĂĽber
Parasiten aus. Bereits geringe Temperaturveränderungen
können ursprüngliche Lebensgemeinschaften langfristig
verändern. Neben der Wassertemperatur ist eine mögliche
Beeinträchtigung durch den Klimawandel auch im Hinblick
auf die Wasserstände und damit die Habitateigenschaften des
Gewässers (Ernährungsgrundlage, Versteck, Anbindung an
andere Gewässer usw.) möglich.
Niedermair et al. (2008) erwarten, dass bis 2050 die Le-
bensräume der Kaltwasserfische in Österreich um 20–25 %
schrumpfen werden. Dies bedeutet eine Verschiebung von
meist 40–50 km flussaufwärts und ist in allen Fischregionen
Österreichs in ähnlichem Ausmaß zu erkennen. Nachdem
einzelne Arten, wie z. B. Äsche, Bachforelle und Huchen,
bereits infolge anderer anthropogener Eingriffe in ihrem Be-
stand stark gefährdet sind, können diese zusätzlichen klima-
bedingten Beeinträchtigungen einzelne Arten an den Rand
des Aussterbens bringen. Die wärmeren Gewässer bieten
langfristig bessere Lebensbedingungen fĂĽr Karpfen und exo-
tische Fischarten (Burghardt-Holm 2009). Langzeitanalysen
der letzten 30 Jahre zeigen nach Angaben von Melcher et al.
(2013) vor allem in Gewässerabschnitten unterhalb von Seen
eine Zunahme von wärmetolerierenden Arten (z. B. Aitel).
Negative Veränderungen zeigen sich auch in künstlich ver-
änderten Teilstücken, etwa vor einem Stauwehr, in denen sich
die Veränderungen noch deutlicher zeigen (Schmutz et al.
2004). Mit den erhöhten Wassertemperaturen steigt auch die
Gefahr von Krankheiten bei Fischen. Dies gilt insbesondere
dann, wenn die Wassertemperaturen ĂĽber einen Zeitraum
von zwei bis vier Wochen über 15 °C liegen (Meili et al.
2004). Die genannten Faktoren, wie Habitatveränderungen, Krankheiten und Stress, wirken zudem zusammen. Das Aus-
maß wird jedoch zusätzlich von den jeweiligen natürlichen
Rahmenbedingungen, wie Beschattung, Lebensraumhetero-
genität, Lage im Gewässer usw. beeinflusst. Daher sind all-
gemeine Aussagen im Hinblick auf eine Veränderung der
touristischen Nutzung schwierig abzuleiten.
Eine LiteraturĂĽbersicht von Hunt (2005) zeigt, dass im
Hinblick auf die erholungsbezogene Fischerei neben dem
Fang ein vielfältiges Set an weiteren sozialen und biologi-
schen Einflussfaktoren die Attraktivität des Fischens beein-
flusst. Hierzu gehören die Verfügbarkeit der bevorzugten
Fischart, die Fischgröße, Regelungen und Einschränkungen
des Fischfangs, vorhandene Einrichtungen sowie das soziale
und ästhetische Umfeld. Daher ist auch für die spezifischen
Angebote in Ă–sterreich von einer komplexen Situation aus-
zugehen, bei der u. a. die bevorzugten Techniken des Fi-
schens (zum Beispiel Fliegenfischen), die Attraktivität der zu
fischenden Arten, das Setting (insbesondere die umgebende
Landschaft) und die Anwesenheit weiterer Personen eine ent-
scheidende Rolle spielen (Johnston et al. 2013).
Insbesondere im Urlaub steht meist nicht der Ertrag, son-
dern das Erlebnis im Mittelpunkt. Hier unterscheiden sich
auch die Ansprüche der „gelegentlichen“ Fischer, der „tech-
nisch versierten“ Fischer und derer, bei denen vor allem das
Umfeld (Setting) stimmen muss. Während die gelegentlichen
Fischer auch in Zukunft mit Karpfen, Hecht u. v. a. Arten
auch unter den Bedingungen des Klimawandels gute Be-
dingungen und attraktive Angeboten vorfinden können, ist
dies bei den technisch versierten Anglern und denen, die be-
sonderen Wert auf das Angeln in alpinen Gewässern legen,
zunehmend weniger gegeben. Beworben wird derzeit sehr
häufig das Fliegenfischen auf Bachforellen. Bereits heute sind
schon Einschränkungen der touristischen Angebote, wie zum
Beispiel ein Verbot der Entnahme von Äschen zu finden. Wird
dies aufgrund der Erwärmung, wie oben dargestellt, noch we-
niger möglich sein, dann wird das Angebot für die technisch
versierten Fischer und solche, die ein bestimmtes naturnahes
Ambiente suchen, kleiner und weniger attraktiv. Unter diesen
Annahmen sind in Anlehnung an Lewin et al. (2006) Ab-
wanderungen von Urlauberinnen und Urlaubern mit diesem
spezifischen Interesse zu erwarten. In diesem Zusammen-
hang ist auch zu beachten, dass der ökonomische Wert des
Angelsportes (Lizenzpreise) bei den inzwischen gefährdeten
heimischen Kaltwasserarten am höchsten ist. Auf ähnliche
Effekte verweisen Hunt und Moore (2006).
Wassersportaktivitäten (Kanusport, Rafting
und Segeln)
Szenarien zu den möglichen Auswirkungen des Klimawandels
zeigen starke Abnahmen der Niederschläge im Sommer und
damit verbunden zunehmende Niederwasserstände in Öster-
reich. Allerdings ergeben sich hier deutliche Unterschiede in
Abhängigkeit von der Höhenlage (Abschn. 2.2.2). Bisherige
7 Outdooraktivitäten und damit zusammenhängende Einrichtungen im Sommer und in den Übergangszeiten 133
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263