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Studien zu den Auswirkungen der Niederwasserstände zielen
vor allem auf die Schifffahrt (Haas et al. 2008). Für die Ur-
laubsaktivitäten Kanusport, Rafting und Segeln sind der Ein-
fluss des Klimawandels auf die Gewässer und insbesondere
die Wassertiefe von besonderer Relevanz. Die Betroffenheit
des Kanusports wird von Bristow und Jenkins (2018) mit dem
Skisport verglichen. Für Österreich liegen Ergebnisse bezogen
auf den Kanusport und das Segeln am Neusiedler See vor.
Eine Studie von Jindrich (2012) zu Klimawandel und Kanu-
sport zeigt, dass es sich um eine beliebte Urlaubsaktivität in
Österreich handelt, die aufgrund der natürlichen Gegebenheiten
am häufigsten in Form von alpinem Kajakfahren bzw. alpinem
Wildwasserfahren ausgeübt wird (ca. 80 %). Die bevorzugten
Gebiete liegen in den Bundesländern Steiermark und Tirol, ins-
besondere im Salzkammergut, den Wildalpen, im Gesäuse und
im Ötztal. Nachdem alle Flüsse und Seen nur bei geeigneten
Wasserständen, d. h. ab ca. 30 cm Wassertiefe, befahren werden
können (Zeilner 2007; DSHS o.J.), gefährdet ein niedriger Was-
serstand die Sportausübung insgesamt. Darüber hinaus erhöht
ein niedriger Wasserstand auch die Gefahren für Urlauberinnen
und Urlauber. In flachen Gewässern steigt zudem die Gefahr der
Grundberührung oder der Sedimentaufwirbelung, wodurch es
vermehrt zu ökologischen Belastungen kommen kann.
Die Untersuchung von Jindrich (2012) bestätigt weiterhin,
dass sich aus der Sicht der Kanutinnen und Kanuten der Was-
serstand in den letzten Jahren geändert hat und immer mehr
Niedrigwasserstände, vor allem im Sommer, vorkommen. Die
Befragten beschreiben mehrheitlich eine Verschiebung der
Abflussmaxima, die sie auf den Klimawandel zurückführen.
Die Kanufahrenden verwiesen auch darauf, dass insgesamt
Wildwasser seltener befahrbar sind und vielen Schwankungen
unterliegen, sodass auf Flachwasser, wie Seen, ausgewichen
wird, wo es keine Einschränkungen durch Niederwasser gibt.
Die Ergebnisse werden durch internationale Studien bestätigt
(Scott und Lemieux 2010; Bowker et al. 2014; Bristow und
Jenkins 2018).
Ergebnisse liegen auch für die Destination Neusiedler See
vor (Pröbstl et al. 2007). Eine Befragung von Urlauberinnen
und Urlaubern zeigte dort, dass für ein bestimmtes Gäste-
segment das Segeln ein Kernmotiv für den Urlaub darstellt
und Einschränkungen dieser Aktivität für entsprechend in-
teressierte Urlauberinnen und Urlauber nicht kompensierbar
sind. Eine mögliche Einschränkung des Segelreviers für be-
stimmte Bootsklassen aufgrund einer geringen Wassertiefe
wird daher negativ bewertet. In diesem Fall ist von einer Ab-
wanderung entsprechender Urlaubersegmente auszugehen.
Flugsportarten (Gleitschirmfliegen, Segelfliegen,
Ballon- oder Drachenfliegen)
Im Hinblick auf die möglichen Auswirkungen der Klimaände-
rungen für Sportfliegen und Ballonfahren müssen nach Haas
(o.J.) die verschiedenen Jahreszeiten unterschieden und die
jeweiligen Bedingungen separat betrachtet werden. Die nach- stehenden Ausführungen basieren, nachdem es dazu keine
wissenschaftlichen Publikationen gibt, auf Aussagen von Ak-
tiven, Vereinen und Verbänden in diesem Bereich aus dem
Jahr 2018. Die Forschungsdefizite werden durch die meteo-
rologischen Forschungseinrichtungen in Österreich bestätigt.
Im Zusammenhang mit der Zunahme der Niederschlags-
tätigkeit im Winter wird erwartet, dass es weniger güns-
tige Wetterlagen für Ballonfahrten und Sportfliegen in den
Wintermonaten geben wird. Nachdem Segelflieger in dieser
Jahreszeit ohnehin nicht fliegen können, sind sie eher indirekt
betroffen, zum Beispiel dadurch, dass für die ersten Starts im
Frühjahr der Untergrund auf der Start- und Landebahn zu
feucht ist. Bezogen auf den Sommer werden mögliche Effekte
von Trockenperioden und Wetterextremereignissen diskutiert.
Die Folgen von Sommertrockenheit sind komplex und betref-
fen die Flugsportarten in unterschiedlicher Weise. Einerseits
werden häufiger als bisher stabile Schichtungen mit geringer
Bewölkung und wolkenlose Bedingungen erwartet. Daraus
ergeben sich dem Deutschen Gleitschirm und Drachenflugver-
band e. V. zufolge mehr günstige Wetterlagen für Ballonfahren
und für Motorfliegen. Dieselben Bedingungen beeinflussen
jedoch die Tragfähigkeit der Ballone wegen des Temperatur-
anstieges in ungünstiger Weise. Auch für Segelflieger ergeben
sich danach wegen der hohen Stabilität häufiger weniger güns-
tige Wetterlagen im Sommer, da trotz der Sonneneinstrahlung
nur schwache Thermik entsteht. Weiterhin beeinflusst die Zu-
nahme von Wetterextremen zwischen den Trockenperioden
den Flugsport negativ. Neben schweren Gewittern mit Hagel,
Turbulenz und weiteren Wetterrisiken, die generell für alle
Luftsportarten ungünstig sind, wird auch eine Zunahme der
Häufigkeit von Luftwirbeln (Dust Devils) mit extremen Wet-
terrisiken für die Luftfahrt erwartet (Schubert 2010).
Es scheint einen Trend zu geben, dass sich günstiges Segel-
flugwetter vom Sommer weg in das Frühjahr und zum Herbst
hin verschiebt. Höhere Temperaturen führen zu einer Verlän-
gerung der Übergangsjahreszeiten Frühjahr und Herbst. Das
bedeutet, dass die Thermik im Frühjahr früher beginnt und im
Herbst später endet, das ist zwar ungünstig für Ballonfahrten in
diesen Jahreszeiten, aber günstig für Segelflüge, falls gestartet
werden kann. Betrachtet man die Länge der täglichen Thermik-
zeiten, dann ergibt sich eine Verkürzung des Zeitfensters für
Ballonfahrten, sowohl am Morgen als auch am Abend, gleich-
zeitig kommt es aber zu einer Verlängerung des Zeitfensters
für das Segelfliegen oder das Gleitschirmfliegen. Abnehmende
Windgeschwindigkeiten, vor allem im Herbst (September–Ok-
tober), können sich günstig auf das Ballonfahren auswirken.
Die Bedingungen in den Alpen sind durch die Exposition
und die Berg-/Talwindsysteme vielerorts noch komplexer.
Die Diskussion betrifft in diesem Zusammenhang besonders
die Thermik. In sommerlichen, trockenheißen Witterungs-
perioden setzt die Thermik bei Zufuhr kontinentaler Luft
unter Hochdruckeinfluss früher und kräftiger ein. Im Einfluss
höher reichender und stärkerer Talwinde wird die Ablösung
Spezifische Komponenten des touristischen Angebots –
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Buch Tourismus und Klimawandel"
Tourismus und Klimawandel
- Titel
- Tourismus und Klimawandel
- Autoren
- Ulrike Pröbstl-Haider
- Dagmar Lund-Durlacher
- Marc Olefs
- Franz Prettenthaler
- Verlag
- Springer Spektrum
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-662-61522-5
- Abmessungen
- 21.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 263