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14 Mario Döberl – Alejandro López Álvarez
Wir – die beiden Herausgeber – beschäftigten uns unabhängig voneinander schon seit
Längerem mit der Geschichte von Tragsesseln im 16. und 17. Jahrhundert, das heißt mit
der noch weitgehend unerforschten Frühzeit dieser Tragevehikel, als ihre allmähliche Inte-
gration in das höfische Leben vonstattenging, ihre zeremonielle Verwendung ausgeformt
wurde und sich in zahlreichen Städten auch ein Miettragsesselsystem etablierte. Wir hiel-
ten es jedoch für nötig, unsere eigenen Untersuchungen, deren räumlicher Schwerpunkt
auf den Herrschaftsbereichen der spanischen beziehungsweise der österreichischen Habs-
burger liegt, in einen bereiteren europäischen Kontext zu stellen. So entstand die Idee für
diesen Sammelband. Glücklicherweise gelang es uns, mehrere Forscherinnen und Forscher
dafür zu gewinnen, Beiträge über die Geschichte von Tragsesseln in anderen europäischen
Ländern zu verfassen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Italien, das mit gleich drei Artikeln,
über die Entwicklungen am päpstlichen Hof (Claudia Märtl), in Genua (Farida Simo-
netti) und Neapel (Attilio Antonelli, Stefano Moscatelli und Ilaria Telesca), vertreten ist.
Der Grund dafür liegt in der großen Bedeutung italienischer Höfe und Städte für die Eta-
blierung und Verbreitung von Tragsesseln in Ländern nördlich der Alpen. Weitere Beiträge
widmen sich dem spanischen Herrschaftsgebiet (Alejandro López Álvarez), dem Münch-
ner Hof (Gudrun Szczepanek und Friederike Ulrichs), den Höfen der österreichischen
Habsburger (Mario Döberl) sowie Frankreich (Marie Maggiani). Die Autorinnen und
Autoren setzen dabei unterschiedliche zeitliche Schwerpunkte innerhalb des vorgegebenen
Zeitraums, der mit dem Spätmittelalter als unterer und dem Anfang des 18. Jahrhunderts
als oberer Grenze festgelegt war. Auch die Variationsbreite des thematischen Zugangs ist
vergleichsweise groß. Sie reicht von einer Analyse der Gestaltung und Ausstattung der
Tragsessel über die Behandlung der mit ihrem Entwurf und Bau betrauten Künstler und
Handwerker bis hin zur Untersuchung der Nutzung seitens der Mitglieder von Fürsten-
familien und Adelshäusern. Beleuchtet wird ebenso das Vorkommen von Tragsesseln an
führenden Höfen wie auch in peripheren Zentren, ihr Einsatz als Miettragsessel sowie
die Arbeitsumstände und der soziale Hintergrund von Sesselträgern. Während in einigen
Geoffrey Wilson zu nennen: Hugh Murray, Sedan Chairs in York. In: York Historian 17 (2000),
S. 30–45; Geoffrey Wilson, Poles Apart. The Public Sedans of Bygone London (Colchester 2002);
Mary Anne Garry, Sedan chairmen in eighteenth-century London. In: The Journal of Transport
History 37/1 (2016), S. 45–63. Jean Pierre Ducastelle organisierte in Ath (Belgien) eine Ausstellung
über sogenannte Vinaigrettes, bei denen es sich um nahe Verwandte der Tragsessel handelt, die
allerdings über zwei Räder verfügen: Jean-Pierre Ducastelle, Se déplacer en vinaigrette! Mobilité
et transport du 17e au 19e siècle. In: Études et documents du Cercle royal d’histoire et d’archéologie
d’Ath et de la région 20 (2009), S. 349–388. An einer Sozialgeschichte von Tragsesseln versuchte
sich jüngst Claus Heinrich Bill. Seine anregende Untersuchung ist jedoch unter anderem deshalb
problematisch, weil sie sich hauptsächlich auf veraltete Sekundärliteratur, jedoch kaum auf eigen-
ständige Archivrecherchen stützt. Bill 2013 (wie Anm. 5).
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Titel
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Untertitel
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Autor
- Mario Döberl
- Herausgeber
- Alejandro López Álvarez
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918