Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Vor 1918
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Seite - 29 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 29 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

Bild der Seite - 29 -

Bild der Seite - 29 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

Text der Seite - 29 -

Die sedia gestatoria der Päpste 29 gegen seine Kandidatur instrumentalisiert. Den Krönungsumzug zum Lateran absolvierte er am 3. September 1458 in herkömmlicher Weise hoch zu Ross, und es blieb ihm angesichts der laut gewordenen Bedenken gegen seine physische Leistungsfähigkeit auch gar nichts anderes übrig. Als er im Januar 1459 zu dem von ihm in Mantua einberufenen Kongress auf- brach, bedurfte seine zeremonielle Einholung an den Stationen des Reisewegs sorgfältiger Planung, da es sich jeweils um den ersten adventus des neu gewählten Pontifex handelte. Einem verbreiteten Brauch entsprechend erhoben bei solchen Gelegenheiten bestimmte Personen oder Personengruppen Anspruch auf das Pferd und/oder den Baldachin, mit dem der Gast einritt, was zwar meist durch Geldzahlungen abgegolten wurde, doch in der Si- tuation des Empfangs zunächst Unruhe schuf und oft sogar zu handfesten Auseinander- setzungen führte. Ebendies geschah bei einer der ersten Etappen, sodass der Papst beschloss, fortan zumindest nicht mehr auf einem Pferd einzuziehen, da der Streit um das Reittier ihn selbst in Gefahr bringen konnte. Dazu kam, dass ihm seine Gicht verstärkt zu schaffen machte. So ließ er sich jetzt auf dem mitgeführten päpstlichen Thron in die Städte tragen. Vor Florenz wurde deutlich, dass diese Art des Einzugs mit eigenen politischen und zere- moniellen Problemen verbunden war. Aufgrund der Rivalität zwischen Florenz und Siena, der Heimat des Papstes, war dieser adventus von vornherein eine diplomatisch sehr sensible Angelegenheit. Zudem hielten sich einige der Lehensleute der römischen Kirche aus der Romagna, die den Papst nach Mantua begleiten wollten, und der Sohn des mailändischen Herzogs, der ihn im Namen seines Vaters begrüßen sollte, bereits in der Stadt auf. Florenz war zwar nominell noch republikanisch verfasst, doch bestimmte der im Hintergrund agie- rende Cosimo de’ Medici die Richtlinien der florentinischen Politik. Da Florenz 1419/20 als Station eines mehrmonatigen päpstlichen Aufenthalts und von 1439 bis 1443 als dauerhafte Residenz der Kurie gedient hatte, besaßen die Florentiner durchaus Erfahrung mit dem ku- rialen Zeremoniell. Gemäß der Tradition hätte bei einem Einzug des Papstes zu Pferd der wichtigste in Florenz anwesende weltliche Machthaber das Reittier am Zügel führen und die Steigbügel halten müssen. Als Pius II. vor Florenz eintraf, war zum einen unklar, wer diesen Stratordienst leisten sollte, und zum anderen stellte sich die Frage, wie er kompensiert werden konnte, wenn der Papst nicht zu Pferd einzog. Für die florentinische Stadtregierung war das Ansinnen des Papstes, den Tragethron zu verwenden, ungewohnt; um die politi- schen Relationen der Beteiligten abzubilden, mussten neue Wege gefunden werden. Nach einem Aushandlungsprozess wurde die sedia gestatoria durch die – teils murrenden – Lehens- leute der römischen Kirche und durch florentinische Bürger getragen, wobei der Sohn des mailändischen Herzogs eine kurze Strecke vor ihr schritt und in einer symbolischen Geste selbst Hand anlegte, als ob er mittrüge. Der Einzug ging mit solcher Geschwindigkeit vor sich, dass die Mitglieder der florentinischen Stadtregierung zuletzt hinterherlaufen mussten. Diese Vorgänge schürten auf beiden Seiten Animositäten; die Parteigänger der Medici sahen Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
zurück zum  Buch Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts"
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
Geschichte Vor 1918
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren