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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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Seite - 60 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

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60 Farida Simonetti / auff der Achsel tragen / mögen durch solche Mittel / ein grossen Last geschwind fort- bringen. Was vermögliche Leuth sind / es seyen Weib oder Manspersonen) gehen nicht vil auff der Gassen / sonder lassen sich / in darzu gemachten Sesseln / welche inwendig mit gefarbtem Atlaß / oder Samat / außwendig aber / mit Gruen oder Schwartzem Tuch / wie ein Senffte / ubertzogen und bedeckt seind / von zweyen Männern in der Statt hin unnd wider getragen / die seind mit Thürlen eintweder gantz beschlossen / oder an etlich orten offen gelassen / haben auff all vier Seiten / schöne durchsichtige Glässer / dardurch sie / was inen begegnet / sehen mögen. Es lassen sich auch etliche in schönen Senfften / darin zween Maulesel gesetzt / also in der Statt hin unnd wider führen. Eins theils habens im brauch / in der Statt hin unnd her / ettwan auff Pferdten / etwan auff Mauleseln /ettwan auch woll zween auff einem Thier zureiten.33 In der handschriftlichen Version dieser Reisebeschreibung setzte Schickhardt an entspre- chender Stelle an den Rand zwei Federzeichnungen (Abb. 3), die in der gedruckten Fas- sung nicht wiedergegeben sind. Die obere der beiden Skizzen zeigt zwei Männer, die mit Hilfe einer Tragstange einen Gegenstand befördern, die untere einen von zwei Männern transportierten Tragsessel. Es handelt sich dabei um die äußerst seltene Darstellung eines genuesischen Tragsessels aus solch früher Zeit. Das Passagiergehäuse ist mit einer tonnen- gewölbten Bedachung versehen und weist einen relativ kleinen, verhängbaren Seitenein- stieg auf. Auf der Vorderseite und an der Längsseite des Passagierkastens sind kleine recht- eckige Fensteröffnungen dargestellt, die wir uns entsprechend der zitierten Beschreibung Schickhardts verglast vorstellen müssen. Die für die Topographie Genuas so typischen engen Straßen waren gewiss ausschlag- gebend dafür, dass sich Tragsessel gerade hier mit großem Erfolg durchsetzten. In der Stadt entwickelte sich ein lokales Gewerbe, das sich der Herstellung dieser Vehikel widmete, die im Unterschied zu den häufig auswärts angekauften Karossen zu den Exportgütern Genuas zählten. Merli berichtete etwa, dass die Verbreitung der mit Gläsern versehenen „bussole“ in anderen Ländern ursprünglich von Genua ausging beziehungsweise dass die 33 Heinrich Schickhart von Herrenberg, Beschreibung einer Reiß, welche […] Friderich Herztog zu Würtemberg unnd Teck, […] im Jahr 1599 […] auß dem Landt zu Würtemberg, in Italiam gethan (Mömpelgard 1602), S. 30 f. In der erhaltenen Handschrift des Reisetagebuchs ist diese Passage zwar nicht wortgleich, aber inhaltlich weitgehend identisch. Eine interessante Abweichung ist, dass bei der Beschreibung des Inneren des Tragsessels im Manuskript von „atlas tuch wol mit rotem samat“ die Rede ist. Stärker betont ist in der Handschrift auch die Tatsache, dass in Sänften – im Unterschied zu Tragsesseln – zwei Personen befördert werden konnten: „Andre, es seien weib oder man, haben solche senfte, darin ir 2 sizen megen, sezen 2 maulesel darin, […].“ WLB, Hand- schriften, Cod. hist. qt. 148, b, fol. 6r. Den Hinweis auf diese beiden Quellen verdanke ich Mario Döberl. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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