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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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72 Alejandro López Álvarez die Kraft von Tieren bewegt werden, des Weiteren Tragsessel, das heißt von Menschen beförderte Vehikel, die über keine Räder verfügen, und schließlich Kutschen, Karossen oder ähnliche mit Rädern versehene und von Tieren gezogene Transportmittel. Diese vier Grundtypen stellen in ihrer Gesamtheit das dar, was wir unter dem Begriff „repräsentative Vehikel“ zusammenfassen wollen. Mit dieser Bezeichnung soll ihre Doppelfunktion zum Ausdruck gebracht werden, nämlich einerseits Menschen zu transportieren und anderer- seits repräsentative Aufgaben zu erfüllen. Ein wesentlicher Grundzug des erwähnten Wandels war, dass sich repräsentative Vehi- kel – vor allem aber Kutschen und Tragsessel – im 16. und 17. Jahrhundert an sämtlichen Höfen und in allen großen Städten Europas verbreiteten und damit die Fortbewegungs- weisen und Repräsentationsformen der politischen und sozialen Eliten revolutionierten. Diese Entwicklung fand nicht vorrangig deshalb statt, weil die neuen Fortbewegungsmit- tel schöner und bequemer als ihre Vorgänger waren (obwohl das zweifellos ihre Verbrei- tung begünstigte), sondern vor allem, weil ihre Etablierung in eine Epoche fiel, in der die Fürstenhäuser ihre Machtbasis stärken konnten. Die Einführung repräsentativer Vehikel fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die dynastischen Monarchien Europas neue Inst- rumente benötigten, um all jene Personengruppen, die Politik betrieben und Teil der Hof- gesellschaft waren, deutlich von der Masse der Untertanen abzuheben. Mit repräsentativen Vehikeln besaßen Fürsten und Hofleute nun adäquate Mittel zur sozialen Differenzie- rung und Distanzierung. Sie ermöglichten nicht nur eine schnellere und bequemere Art der Fortbewegung und des Reisens, sondern führten darüber hinaus zu einer radikalen Transformation des Marstalls, insbesondere hinsichtlich seiner Zusammensetzung und fi- nanziellen Ausstattung sowie seines Anteils am Hofzeremoniell und an der Hofetikette: Kurz, die Marställe entwickelten sich von mittelalterlichen zu neuzeitlichen Institutionen. Durch die Verwendung repräsentativer Vehikel entstanden neue Formen der sozialen Kon- trolle und Regulierung. Sie beförderten die Integration politischer Eliten und halfen da- bei, die Macht, den Reichtum und den sozialen Status ihrer Besitzer zur Schau zu stellen. Die Ausbreitung von Kutschen und Tragsesseln, aber auch von Sänften und Schlitten lässt sich deshalb nicht von der Entstehung des Hofes als einer für die Gesellschaften der Neu- zeit typischen Machtform trennen. Repräsentative Vehikel müssen daher für das 16. und 17. Jahrhundert als unverzichtbare Elemente der Fürstenmacht und als zentrales Attribut von Mitgliedern der höfischen Gesellschaft betrachtet werden. Auf Basis dieser Überlegungen soll im Folgenden die Verwendung von Tragsesseln in der spanischen Monarchie für drei verschiedene Bereiche untersucht werden: Zunächst wird der Fokus auf die Einführung von Tragsesseln im Bereich des Königshauses selbst gelegt, wobei das Hauptaugenmerk auf die damit einhergehenden Änderungen im Hofzeremo- niell gerichtet ist, im Besonderen auf Aspekte, welche die Königinnen und den Marstall Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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