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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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98 Alejandro López Álvarez Seit damals fanden Tragsessel häufig bei fürstlichen Taufen Verwendung, so beispiels- weise bei jener von Infantin Anna Maria Antonia im Jahre 1635, bei der ein besonders prachtvolles Exemplar zum Einsatz kam,62 oder auch 1638 bei jener von Infantin Maria Teresa. Eine Taufbeschreibung von 1638 erwähnt, dass, nachdem das Gefolge das Zimmer der Königin verlassen hatte, der Duque de Melgar das Kind seiner Oberstkämmerin und Aja übergab, die mit dem Neugeborenen in den verglasten Tragsessel stieg und darin von vier Dienern bis zur Tür der königlichen Kapelle transportiert wurde, wo sie das Kind schließlich erneut dem Duque de Melgar überreichte.63 Ein Tragsessel fehlte auch nicht bei der Taufe des späteren Königs Karl II. im Jahr 1661. Der Infant wurde dabei von der Marquesa de los Vélez, seiner Aja, gehalten, die selbst in einem kostbaren, mit Korallen und Gläsern ausgestatteten Tragsessel getragen wurde.64 Diese für das 17. Jahrhundert zu beobachtende Praxis blieb auch noch im darauf folgenden Jahrhundert gebräuchlich und verschwand erst gegen Mitte des 18. Jahrhunderts. Späte- stens ab 1640 hatte sie auch Einfluss auf das Taufzeremoniell am Hof der österreichischen Habsburger gewonnen.65 Von besonderem Interesse scheint uns die Gleichsetzung des königlichen Tragsessels mit einer Monstranz zu sein, was auch an das gleichzeitige Phänomen der im 17. Jahr- hundert so weit verbreiteten Tragevehikel für das Allerheiligste denken lässt.66 Signifikant ist aber auch das mit Hilfe von Tragsesseln vermittelte Bild von der Königin und den In- Cámara, y quatro moços de retrete en cuerpo con vandas encarnadas y randas de oro“. Segunda y más verdadera relación del Bautismo del Príncipe de España nuestro señor, Baltasar Carlos Domingo, con todos los nombres de los caballeros, y títulos que ivan en el acompañamiento. In: Simón Díaz 1982 (wie Anm. 32), S. 381–383, hier S. 382. Siehe auch: AGP, Histórica, 94, exp. 173. 62 Jerónimo de Cáncer y Velasco, Relación del nacimiento y bautismo de la Serenísima Infanta Doña Ana María Antonia de Austria, 1635. In: Jerónimo de Cáncer y Velasco, poesía completa, hg. von Juan Carlos González Maya/José Cervera Baño/Javier Garau Amengual (Tesis doctorales „cum laude“, Serie L, Literatura 41, Madrid 2007), S. 181–191, hier S. 185. Es ist bezeichnend, dass in einem mehr als ein Jahrhundert später erschienenen Werk an die Tragsessel der Infanten er- innert wurde. Dies unterstreicht die hohe Bedeutung, die den Tragevehikeln zugemessen wurde. Flórez 2002 (wie Anm. 42), Bd. 2, S. 930, 933. 63 „[…] a su Excelencia la Señora Camarera mayor, y Aya de sus Altezas, que entrándose en una silla de vidrieras de cristal, la passó en ella, llevándola quatro Reposteros de camas, hasta la puerta de la dicha Capilla Real, adonde se la entregaron segunda vez al referido Melgar“. Relación verdadera de todo lo sucedido el día del Bautismo de la sereníssima Infanta, 1638. In: Simón Díaz 1982 (wie Anm. 32), S. 451–453, hier S. 452. 64 „[…] que yba en una rica silla de manos de coral y xristales“. AGP, Histórica, Caja 94, exp. 190. 65 Siehe dazu den Beitrag von Mario Döberl im vorliegenden Band. 66 Diese waren Vorläufer der „Eucharistie-Karossen“. Isadora Rose-de Viejo, „A honor y gloria del pan“: una silla de manos eucarística del siglo XVIII español. In: Archivo Español de Arte 67 (1994), S. 323 f. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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