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112 Alejandro López Álvarez
Wertschätzung am Hof widerspiegelt.106 Mit dem Herrschaftswechsel von 1621 verstärkten
sich die Forderungen, Damen, die Tragsessel benutzen duften, von all jenen zu trennen,
denen dies untersagt war. In diese Kerbe schlug beispielsweise Eugenio de Narbona, der
die Auffassung vertrat, dass „zwischen ehrbaren Frauen und jenen, die dies nicht sind,
unterschieden werden müsse. Letzteren dürfe nicht zugestanden werden, was Ersteren er-
laubt sei.“ In seiner Argumentation berief er sich auf Sueton:
Die Römer unterschieden sich in vielerlei Hinsicht voneinander, und Domitian ordnete an,
dass Frauen, die nicht Mitglied einer Senatorenfamilie waren, auch nicht in einem Trag-
sessel getragen werden durften.107
Die Definition von Tragsesseln als Gegenstände, die Hofdamen unmittelbar zugehörig
waren, findet sich bei mehreren Autoren, die Tragsessel als eigentümlich weiblich betrach-
teten.108 Auch wenn man von derartigen Allgemeinplätzen absieht, lässt sich doch nicht
a donde anduviere en coche, o carroça, por la primera vez: y por la segunda sea trayda a la verguença
públicamente y condenada en el dicho destierro“. Premática en que se prohíben colgaduras y adereços
de casas de brocados, y telas de oro y plata y bordado, y hechura de joyas de oro y pieças de plata,
y se da la forma en ella contenida, y se permite traer cuellos de ochava con almidón, 1600, RAE,
13-A-23 (40).
106 Das Gesetz untersagte Prostituierten den Gebrauch von Kutschen, Karossen, Sänften und Tragses-
seln bei einer Strafe von vierjähriger Verbannung beim ersten und von öffentlicher Anprangerung
und Verbannung beim zweiten Verstoß. In: Nueva Recopilación (Madrid 1775), Libro VI, Título
XIV, ley VIII. Mit Hilfe eines geschlossenen Tragsessels ließen sich sowohl die darin sitzende Per-
son als auch ihr sozialer Status gut verbergen. In anschaulicher Weise zeigt dies die mit einer auf-
klappbaren Papierlasche versehene Darstellung eines neapolitanischen Tragsessels. Ist die Lasche
geöffnet, zeigt sich die im Tragevehikel sitzende Dame der Öffentlichkeit. Bei geschlossener Lasche
ist der Vorhang des Tragsessels hingegen komplett zugezogen, und die transportierte Dame kann
von Passanten nicht mehr gesehen werden. Siehe dazu Abbildung 5 im Beitrag von Attilio Anto-
nelli, Stefano Moscatelli und Ilaria Telesca.
107 „Los Romanos tuvieron muchas cosas en que se diferenciavan, y Domiciano mandó que ninguna mujer
que no fuesse de familia de senador, pudiera andar en silla de manos“. Eugenio de Narbona, Doc-
trina política civil, escrita por Aphorismos: sacados de la doctrina de los Sabios, y exemplos de
la experiencia (Madrid 1621), BNE, 3/30.083, CCLXXVII, S. 99r. Narbona passte den Text den
Bedürfnissen der Gegenwart an, denn bei Sueton ist zu lesen, Domitian habe „lasterhaften Frauen
den Gebrauch von Sänften verboten“ („prohibió utilizar litera a las mujeres licenciosas“). Caius Sue-
tonius Tranquillus, Vidas de los doce césares [De vita Caesarum], übersetzt und kommentiert
von Rosa María Agudo Cubas, 2 Bde. (Biblioteca clásica Gredos 167–168, Madrid 1992), Bd. 2, S.
325.
108 Hierzu seien einige Beispiele angeführt. Der Franzose Bassompierre berichtete etwa, dass bei einem
auf eine Prozession folgenden Kirchgang nach dem Verstummen der Glocken „les carrosses cesent d’al-
ler par la Ville. On ne va plus à cheval, ny les dames en chaise“. François de Bassompierre, Memoires
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Titel
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Untertitel
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Autor
- Mario Döberl
- Herausgeber
- Alejandro López Álvarez
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918