Seite - 128 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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128 Alejandro López Álvarez
Dieselbe Strafe war für verschiedene Amtsträger (Alcaldes Mayores, Tenientes und Jus-
ticias) vorgesehen, die sich selbst mit Frauen und Kindern von Dorf zu Dorf oder zur
Messe von Indios in Tragsesseln oder kleinen Sänften transportieren ließen. Darüber hin-
aus sollten sie ihr Amt verlieren und für zehn Jahre von weiteren Ämtern ausgeschlossen
bleiben.155 Das Gesetz hatte eine präventive Funktion, denn man nahm an, dass das Kut-
schenverbot zu einem Anstieg der Zahl von Tragsesseln führen würde. Angesichts dessen
versuchte man einerseits moralische Appelle an die Nutzerinnen von Tragsesseln zu rich-
ten, andererseits aber auch die Indios davor zu bewahren, Sesselträgerdienste zu verrichten,
eine Maßnahme, die in Zusammenhang mit Verordnungen stand, die Jahrzehnte zuvor
für sänftenartige Tragevehikel erlassen worden waren. Um der Einführung von neuartigen
Erfindungen, mit denen Personen „auf Schultern oder Armen“ getragen werden konnten,
einen Riegel vorzuschieben, wurde auch verordnet, dass die Insassen erkennbar bleiben
mussten. Aus all diesen Hinweisen geht klar hervor, dass derartige Maßnahmen andere
Gründe hatten, als allein den Verkehr in den Städten zu regulieren, wie dies bereits an-
dernorts angemerkt wurde.156 Verordnungen des Konzils von Toledo im Jahr 1582 stellten
einen weiteren Versuch dar, den Gebrauch von Tragsesseln durch moralische Argumente
zu limitieren. Vermutlich waren diese Beschränkungen als notwendig erachtet worden,
weil die Zahl der Tragsessel in Kastilien seit der Reglementierung der Kutschennutzung
von 1578 deutlich angestiegen war. Damals, im Jahr 1582, wurde daran erinnert, dass bereits
auf dem vorhergegangenen Konzil Klerikern, die Hand in Hand mit Frauen gingen oder
in weiblicher Begleitung auf einem Pferd ritten, die Exkommunikation angedroht worden
war. Nun wurde Klerikern auch untersagt, Frauen zu Fuß zu begleiten, die sich in Trag-
sesseln durch die Städte oder Dörfer bewegten. Sowohl zuwiderhandelnde Geistliche als
auch Frauen, die sich nicht an die Verordnung hielten, hatten die Exkommunikation latae
sententiae zu erwarten.157
partes“. Eusebio Bentura Beleña, Recopilación sumaria de todos los autos acordados de la Real
Audiencia y Sala del Crimen de esta Nueva España, y Providencias de su superior Gobierno, 2 Bde.
(México 1787), BNE, 2/47.629, Bd. 1, S. 105 f.
155 Ebenda, S. 105 f.
156 Carmen Purroy Turrillas, Las ordenanzas de Martín Enríquez de Almansa, virrey de México.
In: Memoria del X Congreso del Instituto Internacional de Historia del Derecho Indiano, 2 Bde.
(Instituto de Investigaciones Jurídicas, Reihe C, Estudios Históricos 50, México 1995), Bd. 2, S.
1285–1323, hier S. 1301.
157 „Además se prohíbe que acompañen a pie a las mugeres que se conduzcan por la ciudad o poblaciones
en silla de manos. Y los que no obedecieren estos decretos, bien sean clérigos, bien sean las mugeres que
permitan que estos les presten tales servicios, incurran en la misma excomunión latae sententiae“. Co-
lección de cánones y de todos los concilios de la Iglesia española traducida con notas é ilustraciones
por D. Juan Tejada y Ramiro, 5 Bde. (Madrid 1849–1862), Bd. 5, S. 472, § 3. XXXVI. Diese Ver-
ordnung wurde auch in nachfolgenden Konzilen wiederholt festgehalten.
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Titel
- Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
- Untertitel
- Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
- Autor
- Mario Döberl
- Herausgeber
- Alejandro López Álvarez
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20966-9
- Abmessungen
- 17.5 x 24.7 cm
- Seiten
- 432
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918