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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Seite - 276 -
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276 Mario Döberl ist, griff selbst zwar sehr häufig zu Kutschen und Sänften, benutzte aber offenbar niemals Tragsessel.279 Für adelige Damen scheinen hinsichtlich der Verwendung von Tragsesseln keinerlei Restriktionen geherrscht zu haben, solange dabei kein Konflikt mit dem Hofzeremoniell entstand. Von der selbstbewussten Nutzung und Zurschaustellung von Tragsesseln sei- tens weiblicher Adelsangehöriger zeugt ein außergewöhnliches Gemälde aus dem frühen 18. Jahrhundert (Abb. 14). Es stammt ursprünglich aus dem Besitz von Maria Gabriela Gräfin Lazansky von Bukowa (geb. Czernin) und wurde zwischen 1715 und 1717 als Teil der Ausstattung für Schloss Manětín in Böhmen geschaffen. Im Bildzentrum ist der ge- schlossene, mit rotem Leder überzogene und mit Fenstergläsern und kleinen Dachvasen versehene Tragsessel der Gräfin dargestellt. Auf den sichtbaren Seitenpaneelen ist mittels vergoldeter Ziernägel das Monogramm der Besitzerin in doppelter Ausführung nachge- zeichnet. Das über zwei Meter hohe Gemälde zeigt auch in monumentaler Weise zwei äu- ßerst selbstbewusst wirkende, schwarz livrierte Diener, die sich auf Basis erhaltener Schrift- quellen als die beiden Sesselträger Johannes Pleistein und Jacob Krummer identifizieren lassen.280 3 Zu Herkunft, Gestalt und Ausstattung der kaiserlichen Tragsessel im 17. Jahr- hundert. Mit einer Besprechung des ältesten erhaltenen Exemplars des Wie- ner Hofes Im Folgenden sollen die vorliegenden Informationen zu den in Schrift- und Bildquellen fassbaren kaiserlichen Tragsesseln noch einmal gebündelt präsentiert und der älteste erhal- tene Tragsessel des Wiener Hofes besprochen werden. Zum Aussehen jener Tragsessel, die vor 1615 an den Höfen der österreichischen Habsburger in Verwendung standen, existieren bislang bedauerlicherweise weder schriftliche noch bildliche Hinweise, weshalb sich über ihre Gestalt nur Vermutungen anstellen lassen. Erste gesicherte, wenn auch nur bruch- stückhafte Hinweise auf das Aussehen kaiserlicher Tragsessel datieren ab 1615. Von dem Tragsessel, der damals als Geschenk aus Florenz an Kaiserin Anna gelangte, ist überliefert, dass er einem am Florentiner Hof gängigen Modell folgte. Außerdem ist bekannt, dass er über einen geschlossenen, rot tapezierten Passagierkasten verfügte und seine Trageholme einen roten Anstrich aufwiesen.281 Nahezu keine Informationen liegen zu einem Tragsessel 279 Vgl. Keller/Catalano 2010 (wie Anm. 213). 280 Jaroslav Sojka (Hg.), Zapřažená krása. Kočáry, saně a nosítka 18.–20. Století (Ausstellungskatalog, Praha 2014), S. 80. Die Kenntnis dieses Gemäldes verdanke ich Monica Kurzel-Runtscheiner. 281 Siehe hierfür Kapitel 2.2. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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