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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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290 Mario Döberl in den kaiserlichen Hofstaat eingetreten waren.327 Wir können davon ausgehen, dass nicht nur Solare und Fornero aus Genua stammten, sondern dass dies auch für Contarini zutraf. Ebenso Genuese war Giorgio Bianchi, von dem sich mehrere undatierte Bittgesuche aus der von 1677 bis 1699 währenden Amtszeit des Oberststallmeisters Ferdinand Bonaventura Graf Harrach erhalten haben. In einem der Schreiben ersuchte Bianchi Kaiser Leopold I., zwei seiner Verwandten aus Genua die Aufnahme in den Hofdienst zu ermöglichen. Diese seien eigens nach Wien gekommen, weil ihnen dort von nicht näher bezeichneten Perso- nen Sesselträgerstellen in Aussicht gestellt worden waren. Letztlich hätten die potentiellen Dienstgeber dieses Angebot aber wieder zurückgezogen, weshalb die beiden Genuesen nun ohne Arbeit und Geld dastünden. Alles, was sie erlernt hätten, so Bianchi, sei der Beruf des Sesselträgers.328 Ob Bianchi mit seiner Bitte beim Kaiser Gehör fand, ist nicht über- liefert. Zu einem späteren Zeitpunkt bat Bianchi Oberststallmeister Harrach, sich beim Kaiser für ihn selbst einzusetzen, damit er eine Abfertigung in der Höhe von 1000 Gulden erhalte und nach siebzehn langen, kräftezehrenden Jahren als kaiserlicher Sesselträger in seine Heimat zurückkehren dürfe, wo er in Frieden zu sterben wünsche.329 Ebenfalls aus Genua stammte der in den 1670er Jahren als kaiserlicher Sesselträger dienende Remerzani, der beim kaiserlichen Oberststallmeister vorstellig wurde, weil er fünf Jahre nach seiner Ankunft in Wien noch immer nicht das ihm versprochene Hofquartier erhalten hatte.330 Giovanni Battista Conti und Antonio Pacifici hingegen waren Mailänder. In einem Bitt- gesuch an Kaiser Leopold I. erwähnten sie ihren bisherigen Karriereverlauf. Für sechs Jahre hätten sie beim 1682 verstorbenen Kardinal Friedrich von Hessen-Darmstadt als Sessel- träger gedient und hätten zuvor bereits achtzehn Jahre lang in Rom als Sesselträger im Dienst habsburgtreuer Kardinäle und anderer hochrangiger Persönlichkeiten gestanden. Nun stellten sie den Antrag, bei der Kaiserin als Sesselträger dienen zu dürfen.331 Offen- bar wurde dem Verlangen von Conti und Pacifici nachgekommen, denn im gedruckten Hofstaatsverzeichnis für das Jahr 1704 sind die beiden unter den kaiserlichen Sesselträgern 327 ÖStA, HHStA, OMeA, SR, Bd. 186, fol. 185v. Fornero (andernorts auch „Fornaro“) hatte bereits 1646 für fünf Monate als Sesselträger am Kaiserhof gedient, war am Ende Juli 1646 entlassen wor- den und danach offenbar nach Genua zurückgekehrt. Ebenda, fol. 185r. 328 Kaiserlicher Sesselträger Giorgio Bianchi an Leopold I., undat. (aber zwischen 1677 und 1699). ÖStA, AVA, FA Harrach, Akten, K. 2515, unfol. 329 Kaiserlicher Sesselträger Giorgio Bianchi an Oberststallmeister Ferdinand Bonaventura Graf Har- rach, undat. (aber wohl knapp nach 1690). ÖStA, AVA, FA Harrach, Akten, K. 2528, unfol. 330 Kaiserlicher Sesselträger Pantaleo Remerzani an Oberststallmeister Ferdinand Bonaventura Graf Harrach, undat. (aber zwischen 1677 und 1679). ÖStA, AVA, FA Harrach, Akten, K. 2515, unfol. 331 Giovanni Battista Conti und Antonio Pacifici, „Sediari Milanesi“, an Kaiser Leopold I., undat. (aber zwischen 1682 und 1699). ÖStA, AVA, FA Harrach, Akten, K. 2515, unfol. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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