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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Seite - 339 -
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Seite - 339 - in Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts

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Tragsessel am Münchner Hof 339 Auch die Miete für die Tragsessel war geregelt. So kostete die Beförderung von einer Gasse in die andere 6 kr. (Kreuzer), eine ganze Stunde jedoch 15 kr. Beanspruchte man den Tragsessel für einen halben Tag, das waren 3½ Stunden, so musste man 30 kr. ausgeben, für einen ganzen Tag jedoch 1 fl. (Gulden) bezahlen. Zum Vergleich: Ein Eselknecht des Münchner Marstalls verdiente zeitgleich jährlich 76 fl., monatlich also 6 fl. 20 kr.82 Den Sesselträgern war es strengstens verboten, einen Kunden um Trinkgeld zu bitten. Es war ihnen auch nicht gestattet, Geld anzunehmen. Falls doch Trinkgeld bezahlt wurde, so kam dies in eine Dose, die der Sesselmeister verwahrte. Monatlich wurde dann das Trinkgeld gleichmäßig an die Sesselträger verteilt. Dass das Sesseltragen harte Arbeit war, kann man sich vorstellen, wenn man bedenkt, dass der Tragsessel von Maria Antonia leer bereits un- gefähr fünfunddreißig Kilogramm wiegt. Mit einem Passagier mittleren Gewichts hatte jeder der beiden Sesselträger also rund fünfzig Kilogramm zu tragen. Zwei über die Schul- tern gelegte Gurte, in welche die Tragstangen eingehängt wurden, entlasteten dabei die Arme. Die Sesselmeisterordnung sah auch drastische Strafen vor. So war beispielsweise Zanckh[en] oder Greinen in kein Weis zu gestatten, und wo es mündtlich nit verhüettet werden kundte, weren nach ihren Verdienst gar die Steckhenstraich zugebrauchen.83 Auch mussten die Träger, die einen leeren Sessel trugen, einem Priester auf der Straße ausweichen. Wenn dies nicht möglich war, hatten sie den Tragsessel abzusetzen, die Kopf- bedeckung abzunehmen und sich wie ein Christ niederzuknien, bis der Priester vorbei war. Falls sie diese Anweisung nicht befolgen sollten, würden sie „mit würcklicher Straff angesechen werden.“84 Erst im Rahmen des Friedens von Karlowitz im Januar 1699 wurde ein Austausch der Gefangenen vereinbart. Dabei war Max Emanuel jedoch darauf bedacht, dass die Einrich- tung der öffentlichen Tragsessel nicht allzu sehr beeinträchtigt wurde: Ihro Chf. Durchlaucht wollen diese gefangenen Türken zu hierin vermelten Ende gnädigst loslassen, jedoch ist dahin zu sehen, daß dadurch das Sesseltragen nit gar in Abgang kom- me.85 Im Jahr 1700 lebten noch sechsunddreißig „türkische Sklaven“ in München.86 82 Vgl. Anm. 73. – Zum Verhältnis Gulden/Kreuzer: 60 kr. entsprachen 1 fl. 83 Ebenda, Absatz 11. 84 Ebenda, Absatz 30 f. 85 Ludwig Hüttl, Max Emanuel. Der Blaue Kurfürst 1679–1726. Eine politische Biografie (Mün- chen 1976), S. 157 (ohne Quellenangabe). 86 Ebenda. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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