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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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340 Gudrun Szczepanek – Friederike Ulrichs 4 Zusammenfassung Aus den bisher bekannten Archivalien kann man schließen, dass der Tragsessel erst um 1635 durch Kurfürstin Maria Anna am Münchner Hof eingeführt wurde, während Reise- sänften bereits im 16. Jahrhundert im Einsatz waren. Die Anzahl der geschlossenen und offenen Tragsessel variierte in den folgenden Jahren nur wenig. So befanden sich 1656 zunächst elf, ab 1665 neun oder zehn Tragsessel im kurfürstlichen Marstall und sechs bis sieben Sänften. Reparaturen oder die weitere Nutzung von Beschlägen eines alten, aus- gedienten Tragsessels für einen neuen verraten den regen Gebrauch des höfischen Trans- portmittels. Mit dem Marstallinventar von 1728 wurden Tragsessel und Sänften zwar noch begrifflich unterschieden, jedoch nicht mehr getrennt erfasst. Im „Senfften Cäm- merl“ des kurfürstlichen Marstalls existierten in dieser Zeit nur noch zwei Sänften und ein „plausammeter“ Tragsessel.87 Rund vierzig Jahre später, im Inventar von 1766, wurden gar keine Tragsessel mehr aufgelistet. Stattdessen gab es nun eine Rubrik „Jagdsessel“. Diese wendigen einachsigen Sesselkutschen waren komfortabler und passten hinsichtlich Geschwindigkeit und Eleganz zum Geschmack des Rokoko. Diesem Zeitgeist entsprach auch der Tragsessel mit silber-blauem Lackdekor, der allerdings in keinem Marstallinven- tar genannt wurde, sondern erst 1807 im Gardemeuble-Inventar der Münchner Residenz. Im Inventar von 1799 wurden unter der Rubrik „Senften“ lediglich der im Marstallmu- seum erhaltene Gala-Tragsessel von Maria Antonia und zwei nicht erhaltene Maultier- sänften verzeichnet. Das Inventar des königlichen Marstalls von 1826 führt nur noch die- sen Gala-Tragsessel auf, der nach wie vor als Kostbarkeit in der Sattelkammer aufbewahrt wurde, sowie drei „Senften-Wägen“.88 Die Verwendung des Tragsessels am Münchner Hof erstreckte sich über einen gut 120 Jahre währenden Zeitraum und war nach Kenntnis der bisher ausgewerteten Quellen vorwiegend eine Angelegenheit der Damen, die sich zu be- sonderen Festlichkeiten dieses repräsentativen Transportmittels bedienten. 5 Quellenanhang 5 1 Übertragung des Marstallinventars von 1656 BHStA, HR I, Fasz. 91, Nr. 56 (1), ohne Folierung Inventarium yber die churfürstl. Sadtlcammer und Wagenheuser, waß nach Ableiben ih[r]er churfürstl. Durchl. [=Kurfürst Maximilian I.] […] verhandten auch seither wider darzue ge- macht worden […] 87 BSV.Inv0205, fol. 37v. 88 BSV.Inv0195, fol. 224v und BSV.Inv0198, fol. 274v, 282v und 283r. Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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