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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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364 Marie Maggiani kostspielige Stickereien fehlten, konnte sich mit kostengünstigerer Posamenteriearbeit behelfen, da sich mit den dabei verwendeten Metallfäden ebenfalls raffinierte Glanz- effekte erzeugen ließen. Waren damals sämtliche Tragsessel mit aufwendigen Textilien bezogen oder gar mit Stickereien dekoriert? Die Statuten der Sattler von September 1678 erwähnen diesbezüg- lich „toutes sortes d’étoffes, soit de drap d’or ou d’argent, velours, damas, satin et autres, tant de soie que de laine“33. Es bestand demnach eine Vielfalt an Ausstattungsmöglichkeiten. Dies findet auch in Toulouser Nachlassinventaren, die für den vorliegenden Beitrag aus- gewertet wurden, Bestätigung. Bei den verwendeten Textilien handelte es sich meist um Seidenstoffe (Brokat, Moiré oder Satinade) beziehungsweise um feines Tuch, in jedem Fall aber um leichte, fragile Materialien. Beispiele wie das folgende aus dem Jahr 1704, in dem die textile Ausstattung eines Tragsessels genau beschrieben ist, sind jedoch äußerst selten: „[…] d’une estoffe de soye a rayes blanches et le fonds jaune avec son [coussin] aussi garny de meme estoffe“34. Ein 1653 inventarisierter Tragsessel Kardinal Mazarins war mit einem aus Genua stammenden scharlachroten Seidendamast mit Blumenmuster ausgeschlagen, und für jenen des Erzbischofs von Bordeaux, Henri de Bétuhne, fand ein violetter Seidenda- mast Verwendung (1680).35 Von exquisiter Qualität ist auch der in Orange- und Rottönen gehaltene und mit einem Muster aus großflächigen Blumen und stilisierten Vögeln ver- sehene Seidendamast eines Tragsessels aus dem Schloss Marsillargues (vor 1700, Abb. 4). Seidendamaste hatten jedoch auch nachteilige Eigenschaften, wie ein Sattler 1725 einer Kundin bestätigte: Ein derartiger Bezug sei „d’un très mauvais usage, il s’engraisse et se coupe bien facilement et tout le monde s’en est désabusé […]“. Er riet ihr stattdessen zu einem ande- ren Material, etwa „velours ou une étoffe bonne et riche“36. Da Samt tatsächlich widerstands- fähiger und deshalb auch besser für die Ausstaffierung von Tragsesselkästen geeignet war, entwickelte er sich schließlich für diesen Zweck auch zu „dem“ Standardmaterial. Zur Zeit der Régence (1715–1723) verwendete man für die Tapezierung von Tragsesseln gerne Samtstoffe mit großflächigen Motiven (Granatäpfel, Ananas, Sonnenblumen) und sym- metrischen Kompositionen.37 Die Samtstoffe waren häufig monochrom, wobei während 33 Artikel 15 des achtundvierzig Artikel umfassenden und von Ludwig XIV. approbierten Sattler- statuts. Ein bereits älteres, aber äußerst detailliertes Werk hierzu ist René de Lespinasse, Histoire générale de Paris. Collection de documents. Les métiers et corporations de la ville de Paris, Bd. 3: Tissus, étoffes, vêtements, cuirs et peaux, métiers divers (Paris 1892), S. 463. 34 ADHG, 3E 11933, 1704 Januar 25. 35 Havard 1894 (wie Anm. 7), Bd. 1, S. 654 f. 36 ADHG, 3E 11990, Schreiben des Sattlers Guynaud aus Avignon an Madame de Tournier in Tou- louse. 37 In dieser Hinsicht sind Tragsessel ungeeignet, um die große Vielfalt französischer Textilien des 18. Jahr- hunderts zu demonstrieren, denn Bandwerk- und Spitzenmuster, Chinoiserien, ganze Blumensträuße, Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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