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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Seite - 379 -
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Résumé 379 Ein bedeutendes Herrschaftszentrum im Machtbereich des spanischen Imperiums stellte Neapel dar, wo ein Vizekönig als Stellvertreter der auf der Iberischen Halbinsel re- sidierenden Monarchen regierte. Im vorliegenden Band wurde untersucht, welche Rolle Tragsessel im Laufe des 17. Jahrhunderts in den Hofzeremonialschriften Neapels spiel- ten. Dabei belegen unzählige Passagen, dass Tragsessel sowohl vom Vizekönig, von seiner Gemahlin, von Mitgliedern der Hofgesellschaft als auch anderen vornehmen Personen zu unterschiedlichsten Anlässen benutzt wurden. Mit Hilfe eines Tragsessels war es dem Vizekönig möglich, in kurzer Zeit verschiedenste Ziele im städtischen Bereich und in der näheren Umgebung Neapels zu erreichen. Da er bestrebt war, in der Stadt Fußwege so weit als möglich zu vermeiden, und da sich große, behäbige Karossen in den engen und teils unwegsamen Straßen der Stadt oftmals nicht für ein würdevolles Fortkommen eigneten und mit ihnen häufig auch langwierige Umwege genommen werden mussten, griff der Vi- zekönig selbst bei festlichen Anlässen religiöser wie auch profaner Art gerne zu Tragsesseln. Diese waren aufgrund ihrer geringen Größe und guten Manövrierbarkeit nicht nur von großem praktischem Nutzen, sondern ermöglichten bei entsprechender Ausstattung auch einen imposanten Auftritt. Sogar für den Empfang von hohem Besuch schrieb das Zere- moniell die Bereitstellung von Tragsesseln vor. Mit ihrer Hilfe wurden die Gäste zuweilen nicht nur bis zum königlichen Palast gebracht, sondern dort sogar die Treppen hinaufge- tragen. Aus den Zeremonialschriften geht weiterhin hervor, dass sich ortsansässige Adelige und Regierungsmitglieder, denen das Stufensteigen aus Altersgründen oder gesundheit- lichen Motiven zu beschwerlich war, innerhalb der Palastmauern von Sesselträgern trans- portieren lassen durften. Auch die Vizekönigin Neapels griff sowohl bei ihren öffentlichen als auch bei ihren privaten Ausgängen häufig zu Tragsesseln. Dabei gab es feine Unterschiede zwischen den Wegstrecken, die der Vizekönig einerseits und seine Gemahlin andererseits in den Trage- vehikeln zurücklegten. Die Vizekönigin ließ sich meist in die Beletage der Paläste oder zumindest in das Gebäudeinnere tragen, selbst dann, wenn das Zeremoniell für den Vize- könig ein früheres Aussteigen aus dem Tragsessel vorsah. Die ausschweifende Nutzung von Tragsesseln hatte am vizeköniglichen Hof von Neapel jedoch nicht nur Befürworter. Der Hofzeremoniär José Renao lässt in seinen Schriften mehrmals durchblicken, dass er die Verwendung von Tragsesseln durch den Vizekönig eigentlich für unschicklich hielt und zumindest bei hochrangigen zeremo- niellen Anlässen ein Ritt zu Pferd, eine Fahrt in der Karosse oder ein kurzer Weg zu Fuß einem Transport im Tragevehikel stets vorzuziehen sei. Renaos ablehnende Haltung gegenüber Tragsesseln blieb jedoch ein isoliertes Phänomen. Tragsessel zählten bis An- fang des 18. Jahrhunderts zu den wichtigsten Transportmitteln am Hof Neapels. Dies sollte sich erst mit der Machtübernahme durch die österreichischen Habsburger ändern, Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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