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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Seite - 383 -
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Résumé 383 Zu den zentralen zeremoniellen Einsatzgebieten von Tragsesseln zählten auch in Mün- chen Taufen. So kam etwa der erwähnte rot-goldene „Turiner“ Tragsessel höchstwahr- scheinlich bei der Taufe von Max Emanuel im Jahr 1662 zum Einsatz. Damals wurde die Obersthofmeisterin der Kurfürstin mit dem Täufling auf ihrem Schoß im Tragsessel zum Münchner Dom befördert. In ganz ähnlicher Art fand 1727 ein um 1684/85 in Paris her- gestellter Tragsessel, der sich glücklicherweise erhalten hat und der heute im Nymphen- burger Marstallmuseum ausgestellt ist, bei der Taufe des Kurprinzen Max III. Josef Ver- wendung. Auch in diesem Fall wurde beim feierlichen Zug zur Münchner Frauenkirche das Kind in weiblicher Begleitung – diesmal der Tante des Säuglings – im Tragsessel zur Taufe gebracht. Ab dem zweiten Viertel des 18. Jahrhunderts sind Tragsessel in den Münchner Marstall- inventaren kaum noch greifbar. Offenbar standen Tragsessel am bayerischen Hof jedoch auch danach noch in Verwendung. Darauf deutet die Tatsache hin, dass 1750 immerhin noch fünfzehn Sesselträger am Hof tätig waren. Vermutlich wurden Tragsessel damals kaum mehr als repräsentative Transportmittel eingesetzt, sondern dienten vielmehr Mit- gliedern der Herrscherfamilie zum reinen Vergnügen in den Parks der Residenzen und Lustschlösser. 2 Typen, Ausstattungsvarianten und Verbreitungswege neuer Modelle Da sich für den langen Zeitraum vom ersten Aufkommen repräsentativer Tragsessel in Rom im Jahr 1459 bis etwa zur Mitte des 17. Jahrhunderts keine Tragsessel erhalten ha- ben, sind wir für die Rekonstruktion der damals existierenden Typen, ihrer Bauweise und ihres Aussehens allein auf Bild- und Schriftquellen angewiesen. Der grundsätzliche Aufbau päpstlicher Tragstühle des 16. Jahrhunderts wurde bereits ansatzweise erörtert. Es handelte sich dabei um massive, gepolsterte, in rot-goldener Farbe gehaltene und teilweise mit Fran- sen versehene Armlehnstühle, die mittels Trageholmen transportiert wurden. Die Holme wurden entweder durch am Sesselgestell angebrachte Metallbügel geschoben, die meist seitlich der Sitzfläche fixiert waren (sedia minor), oder aber mit einer Plattform verbunden, auf welcher der Sessel stand (sedia maior). Bei beiden Varianten wurden die Holme von Sesselträgern geschultert, was dazu führte, dass der sitzende Papst hoch über den Köpfen der anwesenden Personen erschien und derart große Sichtbarkeit genoss. Fallweise wurde über diesen mobilen Thronsesseln auch ein Baldachin getragen. Die in ihrem Aufbau Sitz- möbeln stark ähnelnden Objekte existierten später in mehr oder weniger opulenter Aus- stattung auch in anderen Herrschaftsgebieten Europas. Quellenmäßig lassen sich frühe Beispiele davon etwa für den spanischen Hof dokumentieren. Ein schlichtes Exemplar Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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