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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren - Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
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390 Mario Döberl den differenzierte Tarifobergrenzen festgesetzt. Dem Betreiber der Miettragsessel wurde zudem eine Steuerleistung auferlegt, die gleichzeitig karitativen Charakter hatte: Analog zu einer bereits auf Mietkutschen angewendeten Regelung musste er für jeden in Verwen- dung stehenden Tragsessel eine finanzielle Abgabe leisten, die direkt an das Armenhaus vor dem Schottentor fließen sollte. 4 Sesselträger: Herkunft, Karriereverläufe, Reputation und gesundheitliche Aspekte Hinsichtlich der Herkunft von Sesselträgern fand bereits Erwähnung, dass gegen Ende des 17. Jahrhunderts in München Türken und in Wien offenbar Franzosen zur Beförderung von Miettragsesseln herangezogen wurden. Vergleichbare Phänomene lassen sich auch für andere Teile Europas beobachten. In manchen Fällen standen hinter der Entscheidung, Ausländer als Sesselträger zu beschäftigen, wohl nicht nur pragmatische Gründe, sondern auch der Wunsch, durch fremdländisches, ja teilweise exotisch anmutendes Personal das Sozialprestige der Beförderten zu heben beziehungsweise zu bestätigen. Dies belegen ent- sprechende Beispiele aus dem Bereich der sozialen Eliten. Auf der Iberischen Halbinsel etwa sandte der Duque de Braganza seiner Braut zum Einzug in Elvas einen kostbaren Tragsessel entgegen, der von zwei groß gewachsenen Männern schwarzafrikanischer Ab- stammung getragen wurde. Vereinzelte Nachrichten weisen darauf hin, dass Mitglieder des spanischen Königshofs wie auch spanische Vizekönige auf die Dienste maurischer Sessel- träger zurückgriffen. So führte etwa Infantin Maria Anna auf ihrer Brautreise ins Reich 1630/31 einen Tragsessel mit zwölf Mauren mit sich. Auch der Duque de Montalto setzte Mauren als Sesselträger ein: Als er 1652 als neuer Vizekönig in Valencia einzog, waren vier von ihnen dafür abgestellt, seinen leeren Tragsessel zu befördern. An den Höfen Mittel- europas erfreuten sich hingegen italienische Sesselträger großer Beliebtheit. Ab dem Auf- tauchen erster Sesselträger am Kaiserhof in den Jahren um 1620 dominierten Italiener diese Dienersparte. Sie verloren dort erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts an Bedeutung und Einfluss. Verschiedene Schriftquellen belegen, dass kaiserliche Sesselträger italienischer Herkunft bemüht waren, Verwandte aus ihrer Heimat an den Kaiserhof zu holen, um auch ihnen eine Stelle als Hofsesselträger zu verschaffen. Vereinzelte Nachrichten liegen auch über die genaue Herkunft der italienischen Sesselträger am Kaiserhof vor. Unter ih- nen befanden sich nachweislich zahlreiche Genuesen, vereinzelt Mailänder und vermut- lich auch Neapolitaner. Mit Wien vergleichbare Entwicklungen gab es offenbar auch in München, denn unter den ersten zehn Sesselträgern am bayerischen Hof befanden sich, wie schon an früherer Stelle erwähnt, gleich vier Italiener. Mancherorts wurde die Tatsa- Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
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Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Titel
Tragsessel in europäischen Herrschaftszentren
Untertitel
Vom Spätmittelalter bis Anfang des 18. Jahrhunderts
Autor
Mario Döberl
Herausgeber
Alejandro López Álvarez
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2020
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20966-9
Abmessungen
17.5 x 24.7 cm
Seiten
432
Kategorien
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