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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Alexandra Millner32 Als Beispiel soll im Folgenden eine Prosaskizze von Ada Christen (1839–1901) dienen, die im Jahre 1876 unter dem Titel Rahel25 erschien. Um die einzelnen me- thodologischen Analyseschritte besser extrapolieren zu können, wird im Folgen- den die histoire skizziert: Rahel ist die Geschichte zweier junger Schauspielerinnen, Liese und der jünge- ren Ich-Erzählerin, die mit ihrer Wandertruppe von Sommer bis Weihnachten in einem kleinen ungarischen Provinzörtchen der Habsburger Monarchie stationiert sind. Als Truppenjüngsten wird ihnen das am schwersten erreichbare Quartier am Rande des Dorfs zugewiesen. Dort werden sie in dem halb verfallenen Schloss auf dem hohen Felsen von einer armen jüdischen Familie aufgenommen, bestehend aus dem alten Hausierer Jakob, seiner kranken Frau, seinem Sohn Rafael und Ra- hel, der Tochter seiner verstorbenen Tochter. Bei ihrer Ankunft trifft Liese in Rafael ihren früheren Geliebten wieder, den sie aus den Augen verloren hat und der nun als Hauslehrer im benachbarten Komitat lebt. Rafael kehrt für kurze Zeit ins Elternhaus zurück, um seine verstorbene Mut- ter durch siebentägiges Schiwa-Sitzen zu betrauern, während die beiden christ- lichen Hausgäste auf ihre Art für das Seelenheil der Verstorbenen beten. Während Liese ihre Rollen lernt, ist die jüngere Schauspielerin, die Ich-Erzählerin, mit der Aufsicht der kleinen Rahel betraut. Am Weihnachtsabend von Rahel nach den grausamen Mördern von Jesus be- fragt, beschuldigt die Ich-Erzählerin das jüdische Volk, worauf Rahel sie der Lüge zeiht. Die Schauspielerin fühlt, dass sie ein Unrecht begangen hat. Am selben Abend erfährt sie, dass Liese seit vier Wochen Jüdin ist, heimlich zur Synagoge geht und sich nun Lea nennt. Die Erzählerin zieht sich gekränkt zurück, Liese erklärt ihr, dass sie zum Judentum konvertiert sei, um Rafaels Frau werden zu können. Am Ende sind wir in der Erzählgegenwart angelangt: Aus Briefen weiß die junge Schauspielerin, dass Rafael und Liese/Lea in der Zwischenzeit einen Bauern- hof gepachtet haben. Soweit eine relativ genaue Wiedergabe des Handlungsgerüsts, bei der auf die Nachvollziehbarkeit der Erzählperspektive und die psychologische Motivation der Handlung geachtet wurde. In einer Abfolge von mehreren Varianten dieser Plot- wiedergabe soll im Folgenden der methodologische Tiefgang veranschaulicht wer- den, der durch die Berücksichtigung diverser aus der Soziologie entlehnter Kon- zepte ermöglicht wird. Die erste Kürzestwiedergabe des Plots mit Konzentration auf die äußere Hand- lung könnte folgendermaßen lauten: Inhaltsangabe 1: äußere Handlung Ada Christens Prosaskizze Rahel handelt vom Gastaufenthalt zweier junger christ- licher Wanderschauspielerinnen bei einer armen jüdischen Familie. Während die eine zur fremden Kultur auf Distanz bleibt, trifft die andere (Liese) im Sohn des Hauses ihre große Liebe wieder, konvertiert zum Judentum und wird seine Frau. Lieses Verhalten, das sich in ihren Worten, Entscheidungen und Taten zeigt, bricht hier eindeutig aus den vorgegebenen Spuren dominanter Zugehörigkeiten aus. Sie 25 | Christen, Ada: Rahel. In: dies.: Aus dem Leben. Skizzen. Leipzig: Ernst Julius Günther 1876, S. 67-88.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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