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Transdifferenz 35
Um diese offenen Fragen beantworten zu können, ist es notwendig, die sozialen
Kategorien nicht isoliert voneinander zu betrachten, sondern in ihrer Interdepen-
denz zu erfassen.
2.3 Intersektionalität
Die Möglichkeit mehrfacher und unterschiedlicher Zugehörigkeiten macht in
einer Gesellschaft jenen spezifischen kulturellen Bedeutungshorizont aus, jene
Matrix, innerhalb der sich ein Individuum auf Basis der Kategorien positioniert.
Seit den späten 1970er Jahren werden die sozialen Kategorien, die immer gleich-
zeitig innerhalb einer Identität wirksam sind, aufeinander bezogen, d.h. als inter-
dependent aufgefasst.29 Die US-amerikanische Juristin Kemberlé Crenshaw prägte
in den 1980er Jahren dafür den Begriff der intersectionality, um die Verwobenheit
von Ungleichheitsdimensionen – hier v.a. jener von »gender, class and race«30 – zu
untersuchen. Es gelang ihr, damit die Auswirkungen unterschiedlicher Kombina-
tionen kategorialer Positionierungen auf gesellschaftliche Chancen und Benachtei-
ligungen aufzuzeigen, z.B. dass afroamerikanische Frauen ungleich schlechtere
Berufschancen haben als ›weiße‹ Männer. Damit wird soziale Ungleichheit analy-
tisch fassbar. In Europa hat das Konzept v.a. im Bereich der soziologisch ausgerich-
teten Gender Studies Bedeutung erlangt31 und in den letzten Jahren auch Eingang
in den philologisch-kulturwissenschaftlichen Bereich gefunden.
Unter Intersektionalität wird dabei verstanden, dass soziale Kategorien wie Gender, Ethnizi-
tät, Nation oder Klasse nicht isoliert voneinander konzeptualisiert werden können, sondern
in ihren »Verwobenheiten« oder »Überkreuzungen« (intersections) analysiert werden müs-
sen. Additive Perspektiven sollen überwunden werden, indem der Fokus auf das gleichzeiti-
ge Zusammenwirken von sozialen Ungleichheiten gelegt wird. Es geht demnach nicht allein
um die Berücksichtigung mehrerer sozialer Kategorien, sondern ebenfalls um die Analyse
ihrer Wechselwirkungen.32
29 | Vgl. Crenshaw, Kimberlé: Demarginalizing the Intersection of Race and Sex: A Black
Feminist Critique of Antidiscrimination Doctrine. In: The University of Chicago Legal Forum
139 (1989), S. 139-167; Balibar, Etienne/Wallerstein, Immanuel: Race, Nation, Class: Am-
biguous Identities. London/New York: Routledge 1991.
30 | Vgl. Klinger, Cornelia/Knapp, Gudrun-Axeli (Hg.): ÜberKreuzungen, Fremdheit, Un-
gleichheit, Differenz. Münster: Westfälisches Dampfboot 2008; Winker, Gabriele/Degele,
Nina: Intersektionalität: zur Analyse sozialer Ungleichheiten. Bielefeld: transcript 2009,
S. 11f.
31 | Vgl. Walgenbach, Katharina/Dietze, Gabriele/Hornscheidt, Antje/Palm, Kerstin (Hg.):
Gender als interdependente Kategorie. Neue Perspektiven auf Intersektionalität, Diversität
und Heterogenität. Opladen/Farmington Hills: Budrich 2007.
32 | Walgenbach, Katharina: Intersektionalität als Analyseperspektive heterogener Stadt-
räume. In: Scambor, Elli/Zimmer, Fränk (Hg.): Die intersektionelle Stadt. Geschlechterfor-
schung und Medien an den Achsen der Ungleichheit. Bielefeld: transcript 2012, S. 81-92,
hier S. 81; vgl. Walgenbach, Katharina: Intersektionalität – eine Einführung. 2012. In: www.
portal-intersektionalität.de (zuletzt eingesehen am 25.11.2014).
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Titel
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Untertitel
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Autoren
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Abmessungen
- 15.4 x 23.9 cm
- Seiten
- 454
- Schlagwörter
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Kategorie
- Kunst und Kultur