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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Alexandra Millner40 Das ist lange her, o wie lange! Die kleine Rahel ist heute eine schöne junge Frau, der Aug- apfel ihrer Schwägerin, meiner Liese, die mir überglückliche Briefe von ihrem Pachthofe aus Ungarn schreibt. Ich habe die Menge sündhaft-weltlicher Bücher gelesen und mich vielleicht darum nie wieder mit der schönen Rahel – die mich doch einst der Lüge zeihte – gezankt.47 Erst dank dieses Erzählerkommentars tritt hinter der dominierenden Geschichte um Liese und Rafael eine Szene als Kernszene hervor, die auch die Titelgebung erklärt: Man muss den gesamten Plot und die Selbstbeschreibungen der Ich-Er- zählerin vom Erzählende her noch einmal neu betrachten, um zu erkennen, dass die Geschichte Lieses/Leas mit vielen Kränkungen der Ich-Erzählerin einhergeht, dass sie sich ausgeschlossen fühlt von der Freundschaft, der fremden Religion und Kultur und der um Liese/Lea vergrößerten Familie. Diese Exklusionserfahrun- gen machen das Fremde bedrohlich und gipfeln in der Auseinandersetzung am Weihnachtsabend, der einen cultural clash zwischen Christen- und Judentum sym- bolisiert: Die Erzählerin greift dabei den antisemitischen Diskurs innerhalb des Christentums von den Juden als Christusmördern auf, von dem sie sich allerdings sofort wieder distanzieren möchte, als sie merkt, wie sehr sie damit die kleine Ra- hel gekränkt hat. Erst durch das in späteren Briefen mitgeteilte Glück der Freundin und die einschlägige Lektüre verliert sie die Angst vor dem Fremden und kann Liese und Rahel und deren Religion verstehen und tolerieren. Aus dieser geläu- terten Haltung hat sie die Geschichte ihrer Freundin und ihre eigene engstirnige Reaktion darauf erzählt, um am Ende nachdrücklich auf den Segen der Bildung im Sinne der Vermittlung von jener reflektierten Welt- und Lebenserfahrung hin- zuweisen, die einem mündigen und toleranten Umgang mit der sozialen Umwelt zugrunde liegt. Hinsichtlich dieses latenten Moments der Transdifferenz, in dem die Erzählerin aus der Enge ihres eigenen Bildungshorizonts ausbricht und den Konfessionswechsel ihrer Freundin als Kontingenzerfahrung erkennt, lässt sich eine weitere Inhaltsangabe formulieren: Inhaltsangabe 4: Transdifferenz 2 In der Prosaskizze Rahel (1876) der deutsch-österreichischen Schriftstellerin Ada Christen erzählt eine junge Wanderschauspielerin, wie sie durch die Auseinander- setzung mit einer Freundin, die aus Liebe zu einem jüdischen Hauslehrer zum jüdischen Glauben konvertiert, und durch einschlägige Lektüre eine tolerante Hal- tung gegenüber Menschen jüdischer Konfession entwickelt. 2.5 Identität: Anerkennung versus Missachtung Die transdifferentielle Selbstpositionierung der Figuren in der Diegese wird häu- fig so erzählt, dass sie in ihrer fiktiven sozialen Umgebung oft auf Unverständnis und Widerstand stößt beziehungsweise zum Scheitern verurteilt ist. Dies könnte als ein symbolischer Verweis auf den in winzigen Vorwärtsbewegungen vor sich gehenden Prozess der Modernisierung, Demokratisierung und Liberalisierung in- nerhalb der Habsburger Monarchie aufgefasst werden. Die Korrelation von Identi- 47 | Ebd.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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