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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Seite - 82 -
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Ruth Whittle82 der hier kritisiert wird, zu richtig immoderaten Vorstellungen führen könnte, die, wenn sie Schule machten, den Frauen suggerieren könnten, dass sie – wenigstens gedanklich und eventuell auch schriftlich – eine für Männer durchaus bedrohliche Stellung zu erreichen vermögen. Zwanzig Jahre später beklagt sich Ebner-Eschenbach in ihrem Brief an Emerich du Mont vom 20. Dezember 1879 bitterlich darüber, dass nur deutschsprachige Frauen keine ›Klassiker‹ werden können.24 Im Gegensatz dazu haben Britinnen und Französinnen einen ganz anderen Stand. In diesem Brief – wie auch schon in einem früheren (an Hieronymus Lorm vom 15. Juni 1878)25 – kritisiert sie, dass es denen, die Buchbesprechungen schreiben und Bücher verlegen, immer darum geht, wer der Autor sei, und nicht um das Werk selbst. Man kann sich fragen, ob Ebner-Eschenbach eine Literaturgeschichte mit einem genderorientierten Ansatz gewollt hätte, so wie Klüger26 dies fordert, oder ob sie es sich hätte vorstellen kön- nen, dass vorhandene Literaturgeschichten um Frauen erweitert würden. Jeden- falls betreibt sie als ältere Frau mit ihrer Selbstdarstellung in der Pose des Kaisers ihre eigene Kanonisierung, und verstärkt dies noch, indem sie um die Jahrhun- dertwende ihre autobiografischen Dokumente umschreibt, bevor sie sie Bettelheim gibt, der die Schriftstellerin dann memorialisiert.27 Sie stellt sich damit der Fremd- positionierung durch ultramontane Zeitschriften entgegen, die sie aus dem natio- nalen Diskurs darüber, wie ein gesundes, katholisches Österreich beziehungswei- se Deutschland (nach Bismarcks Kulturkampf) aussehen sollte, ausschließen will, und genau dieser Widerspurch scheint mir eine Begründung dafür zu sein, dass Protagonistinnen wie Gertrud (oder Resel) nicht lebend positioniert werden kön- nen, sondern sterben müssen. Die Einebnung des Erinnerungspalimsests durch das Wegschaben der Knoten zwischen den Erinnerungsebenen und deren Über- schreibung durch aktive Selbstpositionierung sind nur bedingt erfolgreich, und ganz sicher nicht langfristig. Ich möchte das Bild der »Katastrophenlandschaft« und des mit Unkraut übersäten Gartens jetzt noch kurz auf zwei Geschichten einer weiteren Autorin übertragen, um den stark hervortretenden Verweischarakter der fiktionalen Werke nicht nur dieser beiden Autorinnen zu beleuchten. Und zwar gehe ich auf die beiden Kurz- geschichten Die Lösung (1905) und Die Verratene (1911) von Grete Meisel-Heß ein.28 Diese ist heute, wenn überhaupt, eher für ihr nichtfiktionales Werk Die sexuelle Krise (1909) bekannt, in der sie die sexuelle Gleichstellung von Mann und Frau proklamiert, aber auch darauf eingeht, dass Frauen die Mittel zur finanziellen Un- 24 | Vgl. Ebner-Eschenbach, Marie von: Brief an Freiherrn Emerich du Mont v. 20.12.1879, zit.n. Tanzer: Frauenbilder, S. 228-230. 25 | Vgl. Ebner-Eschenbach, Marie von: Brief(konzept) an Hieronymus Lorm v. 15.6.1878, zit.n. Tanzer: Frauenbilder, S. 227-228. 26 | Vgl. Klüger, Ruth: Frauen lesen anders. München: dtv 1996. 27 | Vgl. Worley: The Making and Unmaking of an Austrian Icon, S. 25. 28 | Meisel-Heß, Grete: Die Lösung [1905]. In: Sudhoff (Hg.): Holunderblüten, S. 108-113. Im Folgenden: DL. Dies.: Die Verratene [1911]. In: Sudhoff (Hg.): Holunderblüten, S. 114- 119. Im Folgenden: DV.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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