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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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»Emma« alias »Emanuel« 103 Weniger unwohl in seiner Rolle fühlt sich der junge Pelárgus in Die weiße Frau von Löcse: ein junger Mann im Dienste und verliebter Anhang der Titelfigur. Pe- lárgus, »kaum zwanzig Jahre alt, von schwärmerischem Gemüt, voll poetischer Neigungen, ganz Gefühl«, ist zum einen in der Lage, »mit solch fanatischer Hin- gabe […] an den Sieg des ungarischen Freiheitskampfes« unter Ferenc Rákóczi zu glauben, und hierfür die »Wechselfälle des Feldzugs standhaft zu ertragen«, und zum anderen ein »Mädchen für alles im Hause« (S.  70f) der Frau Korponay zu sein.14 Pelárgus wird nun zu Beginn des Romans zwecks Flucht aus der Stadt in Frauenkleider gesteckt und beklagt sich hierüber – im Unterschied zum kleinen Sohn von Juliánna Ghéczy15 – so wenig, dass er bis zum Schluss des Romans seine Maskerade beibehält: Sie [die Frauenkleidung] paßte gut zu seinem glatten Gesicht. Frau Korponay knöpfte selbst das knallrote, faltenreiche Röckchen zu, dazu ein geblümtes Leibchen mit Schnalle und Puff- ärmeln. […] Die roten Stiefel konnte er selber anziehen. Als Frau Korponay mit Pelárgus aus dem kleinen Vorraum heraustrat, rief der Junge laut: »Schau, da ist ja auch schon die Zsuzsi!« (S. 76) Die Tarnung funktioniert perfekt und scheint so passend für eine vielschichtige Persönlichkeit zu sein, dass Pelárgus beim Treffen der letzten Aufständischen »noch immer Bauernmädchenkleidung« (S.  450) trägt und beim nächsten Treffen auch noch mehr als das leistet: Gelächter, übermütige Worte, abwehrendes Kreischen, Gekicher, dünne Frauenstimmen wurden laut, das alles mischte sich mit weinseligem Männerlachen. […] Dieser übermütige Lärm wurde jedoch nicht durch die eingetroffene Frau [Korponay] entfacht; es war nur Ko- mödie zur Täuschung etwaiger Horcher. Die Frauenstimmen gab Pélargus von sich, und die Männer lachten, ohne dabei eine Miene zu verziehen. Die Frau selbst trat unterdessen hinter den großen, lasierten Ofen und übermittelte flüsternd die Botschaften […]. (S. 491) Zum einen muss bei diesem Rollenwechsel festgehalten werden, dass Pélargus hier und andernorts nur Aktivitäten ausführt, die durch die Handlung motiviert sind und in denen ihm sein Vorbild und Anbetungsobjekt, Juliánna Ghéczy, die sich ebenfalls vielfach (darunter immer wieder auch als Mann) verkleidet, durch- aus vorangeht. Und dennoch ist der Figur des talentierten Pélargus auch die Fä- higkeit einer sehr persönlichen Mimikry eingeschrieben. Der von allen Männern umworbenen und sie alle ausspielenden Juliánna nähert sich Pélargus als Anbeter vielleicht am effektivsten dadurch, dass er zu ihrem Double wird – denn als Mann schafft es ohnehin niemand, ihr näherzukommen. Als Hauslehrer betreut Pélar- aussagekräftig: »Óh, mint szeretett volna visszaszületni ebből a világból!« Jókai, Mór: A kis- királyok (1885). Band 1. JMÖM Regények [Romane] Bd. 48. Hg. v. Ambrus Oltványi/Sándor Újházy. Budapest: Akadémiai 1968, S. 181. 14 | »Den braven Pelárgus konnte man zu allem gebrauchen: Er half seiner Herrin mit der Nadel bei der Goldstickerei, seinem Herrn beim Kampf gegen den Feind mit dem Schwert; er kochte den Brei für das Kind, steckte vom Gegner besetzte Dörfer in Brand […]: für ihn war das alles die gleiche Arbeit; oder doch nicht: er hatte seine Freude daran!« (S. 71) 15 | »Der Kleine plapperte viel: ›Mammi, werde ich jetzt immer ein Mädchen sein?‹« (S. 72)
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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