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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Stereotypen von Gender und Ethnie in der Operette der k.u.k. Monarchie 121 Die einfache und konventionelle Komödienintrige wird durch die Situierung der Handlung um besondere Facetten bereichert: Der Handlungsort ist Paris, wohin die durch die Botschaft beziehungsweise das pontevedrinische Fest eingeblendete ›Heimat‹ eindringt, die vielmehr als Kulisse beziehungsweise als Reflexionsfläche sowie Einkleidung unterschwelliger Konflikte fungiert. Im Zentrum der Story steht hier ebenfalls das »erste Paar«, d.h. Hanna Glawari und Graf Danilo, die auf der Gegenwartsebene einander sozial mehr oder weniger gleichgestellt sind: Hanna ist eine reiche Witwe und genießt deswegen gesellschaftliche Anerkennung, Danilo ist adeliger Herkunft und besitzt somit eine höhere soziale Stellung. Der Konflikt der beiden wurzelt einerseits in der Vergangenheit, in der Danilo seine Beziehung zu Hanna aufgrund ihrer Armut auflösen musste, andererseits in der Gegenwart, in der Danilo sich sträubt, die reiche Witwe aus ›Patriotismus‹ zu heiraten, um den bankrotten Staat Pontevedro mit ihren Millionen zu retten. Er widersetzt sich diesem ›diplomatischen Schachzug‹, um nicht für einen Mitgiftjäger gehalten be- ziehungsweise als solcher instrumentalisiert zu werden. Auch Hanna will nicht durch einen patriotisch getarnten ›Ehehandel‹ instrumentalisiert werden: Die Herr’n sind liebenswürdig sehr, Gilt das meiner Person? Ich fürchte, dies gilt mehr Meiner vielfachen Million! […] Ach, thun Sie nur nicht so! Gar oft hab’ ich’s gehört Wir Witwen ach, Wir sind begehrt! Erst wenn wir armen Witwen reich sind, Ja, dann haben wir doppelten Wert!24 Sie erweist sich damit als eine starke Persönlichkeit, die ihre Unabhängigkeit und ihr Recht auf die freie Wahl ihrer Lebensweise bewahren will. Ihr Konflikt mit Da- nilo, der ihr in seiner in ein Märchen gehüllten Erzählung »ein grausames Spiel«25 vorwirft, entfaltet sich – bis zu einem gewissen Punkt – entlang dieses Selbstbe- hauptungswunsches. Letztlich findet das Paar zueinander, was aber auch eine ge- wisse Aufhebung des Bildes der starken Frau und der Vorstellung einer andersarti- gen Beziehung bedeutet: Mit der Heirat wird Hanna nämlich (laut Testament des verstorbenen Mannes) wieder mittellos, indem die Millionen in Besitz des Mannes übergehen. Die selbstbewusste Selbstständigkeit wird gebrochen, und obwohl dies in der Operette nicht mehr ausgetragen wird, wird hier eine traditionellere Konzep- tion von Geschlechterbeziehung wirksam, die allerdings von der Ambivalenz zwi- schen wehmütigem Heimatgefühl und mondäner Pariser Leichtigkeit (zwischen Kolotanz und Walzer beziehungsweise Cancan) musikalisch unterwandert wird. 24 | Lehár, Franz: Die lustige Witwe. Operette in zwei Akten. Libretto von Victor Léon und Leo Stein (teilweise nach einer fremden Grundidee). Berlin: Felix Bloch Erben [o.J.], S. 9; s. auch www.teatroruggeri.it/wp-content/uploads/2013/10/La-Vedova-Allegra.pdf (zuletzt eingesehen am 24.6.2016). 25 | Ebd., S. 37.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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