Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Seite - 141 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 141 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Bild der Seite - 141 -

Bild der Seite - 141 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Text der Seite - 141 -

Die periphere Genese der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur 141 sowohl in Österreich als auch in Deutschland eine der meistvertretenen Autorin- nen und Autoren in zeitgenössischen Jugendzeitschriften. Man sollte also immer dann, wenn man sie, wie es klischeehaft meist geschieht, als Repräsentantin der Frauenemanzipation tituliert, auch die Emanzipation von Kindheit in ihren Wer- ken mit im Auge haben. 2.3 Felix Salten (1869–1945) – Prinz Eugen der edle Ritter (1915) und Bambi (1923) Mehr als eine Generation jünger als Ebner-Eschenbach sind die beiden aus Ungarn nach Wien migrierten Autoren Felix Salten und Franz Molnar (zu diesem s.u.), und ähnlich wie Ebner-Eschenbach hat sich auch Salten, 1869 als Siegmund Salzmann in Pest geboren, in der Gattung Tierbuch mit seinem Bambi-Roman (1923) erst in einer späteren Phase seines Schaffens nicht generell der Kinderliteratur, doch aber einer kindlichen Sicht beziehungsweise dem Kind als impliziten Leser zugewandt. Voran ging sein heute vergessener Roman aus den Kriegsjahren, Prinz Eugen der edle Ritter (1915), der, wenn man ihn als Hintergrundfolie zu Bambi mitliest, dem so genannten Tierbuch einen völlig anderen Stellenwert verleiht. Der auch von Küm- merling-Meibauer als Klassiker anerkannte Bambi-Roman und alles, was Salten im Gefolge daraus als Fortschreibung dieser anthropomorphisierenden Großme- tapher weiterentwickelte, ist in engem Zusammenhang mit der tief symbolischen und hier nicht zu erläuternden Parallel- oder Gegenerzählung Der Hund von Flo- renz (1923) zu sehen. Von Interesse ist aber (auch oder vielmehr) das Kindheitsbild des inzwischen 54-jährigen Salten im Hinblick auf das fünf Jahre zurückliegende Ende des Krieges, der nicht nur die Nationen, sondern auch die Generationen ent- zweit, ein Großreich zu Fall gebracht und das Verhältnis zwischen Jung und Alt, das Untertanenmodell, das nicht selten bis in die Familienstrukturen hineinge- wirkt hat, grundsätzlich infrage gestellt hat. Von den vielen in diesem Tier-Roman als Naturgeschehen verhandelten Ereig- nissen, die – doppelsinnig – auch als Gesellschaftsmotive zu lesen sind, sei als ein Leitmotiv die eine und einzige Forderung von Bambis Vater herausgestellt, sein Sohn müsse lernen, allein zu sein.22 Wenn er, der als »Fürst« alleine lebt, und, so selten er auftaucht, immer nur dies als oberste Maxime betont, kommt das der For- derung nach einer Abkehr von der Familie als Hort der (gesellschaftlichen) Erzie- hung gleich. Dass Familie und Gesellschaft in einem antagonistischen Verhältnis zueinander stehen, ist eine Grundeinsicht des ebenfalls nach Österreich migrier- ten Begründers der Psychoanalyse, Sigmund Freud. Freud hat aus dieser Einsicht in logischer Konsequenz das Konzept von Es, Ich und Über-Ich präzisiert, wobei sich im Über-Ich eben diese Spannung von Familie und Gesellschaft als eine anta- gonistische widerspiegelt. Saltens Vaterfigur verkörpert im Bambi-Roman den kon- sequenten Neubeginn im Sinne einer Abkehr vom Über-Ich, das Familie und Ge- sellschaft gleichermaßen repräsentieren möchte. Fern sowohl von Familie als auch von Gesellschaft, ist Bambis Vater nur noch ein in sich ruhendes Ich. Das komplexe 22 | »Nein«, der Alte schnitt ihm [Bambi] das Wort ab, »nein … in der Stunde, der ich jetzt entgegengehe, sind wir jeder allein. Lebwohl, mein Sohn … ich habe dich sehr geliebt.« Sal- ten, Felix: Bambi. Eine Lebensgeschichte aus dem Walde. Berlin/Wien/Leipzig: Paul Zsolnay 1928, S. 207.
zurück zum  Buch Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns"
Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Transdifferenz und Transkulturalität