Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Kunst und Kultur
Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Seite - 145 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 145 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Bild der Seite - 145 -

Bild der Seite - 145 - in Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns

Text der Seite - 145 -

Die periphere Genese der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur 145 Theseus gelingt es nun, mithilfe Ariadnes, der Tochter des Minos, deren Liebe er gewinnt, in das Labyrinth des Minotauros einzudringen, diesen im Zweikampf zu besiegen, die gefangenen Kinder zu befreien und vor dem Gefressenwerden zu bewahren. (Bei Ginzkey heißt es vom bösen »Zauberer aus dem Morgenland«: »[…] kleine Kinder fängt und beißt er.«) Wenn man nun die Geschichte des kleinen Fritz vor diesem Hintergrund liest – und dieser Hintergrund ist dem damals knapp über 30-jährigen Ginzkey gewiss geläufig gewesen –, weist sie nicht nur in der Schlussgeschichte sehr deutliche Parallelen auf; auch die Abenteuer davor sind Sta- tionen mit einem der griechischen Sage ähnlichen Motivhintergrund: der Suche nach dem Vater. Die Abenteuer des Protagonisten bei Ginzkey, die ja in späteren Ausgaben bekanntlich umgeschrieben wurden, weil sie in der Erstfassung, wo er etwa noch Menschenfressern begegnet, zu beängstigend schienen, waren also vor diesen »Bereinigungen« der griechischen Sage näher. Aus dem schon erwähnten Zusammenhang dieses Kinderbuches mit den ein- schlägigen Werken Ginzkeys aus 1928, 1947 und 1952 ließe sich die sehr bewusst gegen die konventionell-triviale Auffassung des Werkes aus 1904 argumentieren- de Interpretation noch erweitern. Dies führte allerdings über den hier themati- sierten Gesamtkontext der peripheren Genese der KJ-Literatur in Österreich vom Fin de Siècle bis in die Erste Republik hinaus. Abgesehen davon würde es auch ein anderes grundsätzliches Problem bei der Interpretation von Ginzkeys Werken berühren, das zumindest andeutungsweise erwähnt werden soll, seine Nähe zur NS-Kulturpolitik. Dazu sei hier nur auf den knappen, aber sehr prononcierten Lexi- konartikel zu Ginzkey von Bernhard Judex verwiesen, der ihn als »Beispiel für poli- tische Camouflage« darstellt und sich der Zuschreibung von Klaus Amann (1990) anschließt, Ginzkey sei einer der »Brückenbauer« zwischen Austrofaschismus und Nationalsozialismus gewesen.28 Ergänzend und auf die kinderliterarischen Werke Ginzkeys fokussierend, die in literarhistorischen Darstellungen in der Regel völlig ausgeklammert bleiben oder auf das eine auch hier genannte aus 1904 reduziert werden, bleibt anzumerken, dass seine vier Kinderbücher vor beziehungsweise nach der NS-Zeit entstanden (s.o.) und dass eine Lesart dieser Kinderbücher im Sinne einer »schwarzen« oder »braunen« Pädagogik die interpretatorische Methodik sehr maßgebend blockiert. V.a. ginge eine auf ideologische Spurensuche ausgerichtete Interpretation daran vorbei, die eigentliche, intendierte und an Heinrich Hoffmann geschulte Absicht der Kreation einer Form von Unsinnspoesie wie etwa auch die der Zeitgenossen Joachim Ringelnatz oder eines Christian Morgenstern völlig zu verkennen. Die Zu- schreibungen wie Camouflage oder Brückenbauer (s.o.) erhalten dabei nochmals eine sehr eigentümliche Wendung. 28 | Judex, Bernhard: Franz Karl Ginzkey [2009]. In: OÖ Literaturgeschichte. www.stif ter-haus.at/lib/publication_read.php?articleID=60 (zuletzt eingesehen am 15.9.2016); Amann, Klaus: Die Brückenbauer. Zur ›Österreich‹-Ideologie der völkisch-nationalen Autoren in den dreißiger Jahren. In: ders./Berger, Albert (Hg.): Österreichische Literatur der dreißiger Jahre. Ideologische Verhältnisse, institutionelle Voraussetzungen, Fallstudien. Wien/Köln/ Graz: Böhlau 1985, S. 60-78.
zurück zum  Buch Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns"
Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Transdifferenz und Transkulturalität