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Konstruktionen von ethnischer Zugehörigkeit und Loyalität 157
In diesem Beitrag werde ich mich nicht mit der selbstdefinierten nationalen
oder ethnischen Identität befassen, d.h. mit Schriftstücken, in denen Offiziere
über ihre eigene ethnische Nationalität schrieben, was selten der Fall war. Denn
viel ergiebiger lesen sich Tagebücher und Rechtfertigungsschriften, wenn es den
Offizieren um Zuschreibungen von Kameraden ging; und auch die Militärführung
verhielt sich oftmals und urteilte anders, als sie es eigentlich beabsichtigte. Ich
werde mich daher mit Konstruktionen von nationaler/ethnischer Zugehörigkeit
beziehungsweise Fremdzuschreibungen beschäftigen, vor allem damit, wie diese
erklärt und in welchem Zusammenhang, in welcher Situation sie gebraucht wur-
den. Dabei geht es mir nicht darum aufzuzeigen, ob diese tatsächlich zutrafen.
Denn erst durch die daraus resultierenden Entscheidungen der Handelnden und
die Übernahme in bürokratischen Strukturen wurden sie Realität. Und da vieles
sowohl als Statistik als auch als Memoirenliteratur publiziert wurde, gingen sie
in die Erinnerung der k.u.k. Armee ein und prägten ihr Bild. Aus diesem Grund
habe ich diesen Beitrag in zwei Teile untergegliedert: Der erste Teil behandelt den
institutionellen Umgang der gemeinsamen Armee mit ethnischer beziehungswei-
se nationaler Zugehörigkeit und damit Zuschreibungen und Konstruktionen. Der
zweite Teil behandelt den persönlichen beziehungsweise dienstlichen, aber direk-
ten Umgang mit Soldaten sowie jenen innerhalb des Offizierskorps. Während der
erste Teil mehrheitlich auf administrativen Quellen aufbaut, nimmt der zweite v.a.
Selbstzeugnisse in den Blick. In jedem Fall achte ich darauf, die Gesamtmonar-
chie, d.h. alle ihre Regionen und Nationalitäten, zu berücksichtigen.
2. unTersuchungsgegensTand, Quellen und meThodiK
In diesem Beitrag behandle ich ausschließlich Beispiele aus der k.u.k. Armee. Die-
se war nach dem Ausgleich die einzige verbleibende Institution, welche Monarchie
umspannend in einem einheitlichen System tätig war und damit sämtliche Natio-
nalitäten umfasste sowie als Symbol der Gemeinsamkeit propagiert wurde. In der
Habsburger Monarchie gab es aber noch weitere Streitkräfte, die z.T. anders auf-
gebaut waren und einen anderen Zweck verfolgten. Diese sollten stets unabhängig
voneinander in den Blick genommen und nicht vermischt werden. Die ungarische
Landwehr, die Honvéd, war nur auf ungarischem Boden tätig und kannte als of-
fizielle Umgangssprache nur das Ungarische. Eine Ausnahme stellten jene Regi-
menter dar, die in Kroatien stationiert waren und sich lediglich des Kroatischen be-
dienten.7 Ihr österreichisches Pendant war die k.k. Landwehr, welche geografisch
ebenso begrenzt war, deren Sprachgebrauch sich jedoch an der gemeinsamen Ar-
mee orientierte.
Die Angehörigen der gemeinsamen Armee müssen differenziert betrach-
tet werden. Sie setzten sich aus mehreren sozialen Gruppen zusammen. Es gab
hier mindestens zwei Lebenswelten, die strikt voneinander getrennt waren: das
Offizierskorps (und ihnen Gleichgestellte) sowie die Mannschaften (unter Einbe-
ziehung der Unteroffiziere). Doch auch innerhalb dieser beiden Gruppen gab es
7 | Vgl. Horel, Catherine: Soldaten zwischen nationalen Fronten. Die Auflösung der Militärgren-
ze und die Entwicklung der königlich-ungarischen Landwehr (Honvéd) in Kroatien-Slawonien
1868–1914. Wien: ÖAW 2009.
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Titel
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Untertitel
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Autoren
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Abmessungen
- 15.4 x 23.9 cm
- Seiten
- 454
- Schlagwörter
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Kategorie
- Kunst und Kultur