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Konstruktionen von ethnischer Zugehörigkeit und Loyalität 161
dung wurde effizienter, wenn die Ausbildner mit dem Soldaten in dessen Sprache
reden konnten.12 Der Ausdruck in der Armee hierfür war die Regimentssprache
(auch Soldaten- oder Nationalsprache genannt).13 Dass eine Sprache offiziell zur
Regimentssprache erklärt wurde, unterlag allerdings Einschränkungen. So musste
die Sprache im Ergänzungsraum des Regiments »landesüblich« sein. Lebte bei-
spielsweise ein Tscheche in Wien (und war dort heimatzuständig) und wurde zu
einem Wiener Regiment eingezogen, gab es für ihn nur die deutsche Sprache. Die
Sprecher mussten außerdem einen Anteil von 20 Prozent pro Regiment erreichen.
Am Beginn jedes Militärdienstes stand die Einberufung. Der Einberufungsbe-
fehl erfolgte schriftlich in der Muttersprache, obwohl auch hier auf wiederkehrende
Unstimmigkeiten hingewiesen wurde. Doch auch in diesem Fall wäre genauer zu
untersuchen, worauf sich die Informationen zur jeweiligen Erstsprache gründeten.
Ein guter Quellenzugang sind Beschwerden. Der Historiker Rok Stergar schreibt,
dass zweisprachige Slovenen häufig in deutscher Sprache angeschrieben wurden
und ihnen damit schon vor Beginn ihres Militärdienstes ihr verfassungsmäßig ver-
brieftes Recht genommen wurde.14
Der künftige Soldat sah sich sodann mit einer Musterungskommission kon-
frontiert. Er hatte sich einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Hier befand
sich stets mindestens eine Militärperson, welche den künftigen Soldaten in seiner
Sprache anredete. Konnte der zuständige Militärarzt die Sprache nicht, so wurden
seine Anweisungen übersetzt. Im Zuge dieser Stellung wurde von jedem Soldaten
ein so genanntes Grundbuchblatt angelegt. Hierin wurden nicht nur sein Name,
Beruf, Geburtsdatum und -ort vermerkt. Es gab auch eine Rubrik: »Sprachen:
spricht und schreibt«.15 In einer Note an den österreichischen Ministerpräsidenten
äußerte sich das Reichskriegsministerium folgendermaßen: »Bei der Ermittlung
dieser Prozentziffern wurde bisher jeder Mann des Grundbuchstandes (Präsenz-
12 | Vgl. D.N.: Über die Truppensprachen unserer Armee. In: Streffleurs Militärische Zeit-
schrift 3 (1862), S. 365-368.
13 | Einen Überblick über das System »Regimentssprachen« gibt Scheer, Tamara: Die k.u.k.
Regimentssprachen. Eine Institutionalisierung der Sprachenvielfalt in der Habsburgermon-
archie (1867/8–1914). In: Ehlers, Klaas-Hinrich u.a. (Hg.): Sprache, Gesellschaft und Na-
tion in Ostmitteleuropa. Institutionalisierung und Alltagspraxis. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 2014, S. 75-92. Das effiziente Einwirken auf die Moral des Soldaten durch den
Gebrauch seiner Sprache wurde v.a. während des Ersten Weltkriegs bedeutend. Vgl. dazu
Scheer, Tamara: Habsburg Languages at War. »The linguistic confusion at the tower of Babel
couldn’t have been much worse«. In: Declercq, Christophe/Walker, Julian (Hg.): Languages
and the First World War. Bd. 1: Languages and the First World War: Communicating in a Trans-
national War. Palgrave: MacMillan 2016, S. 62-78.
14 | Vgl. Stergar, Rok: Die Bevölkerung der slowenischen Länder und die Allgemeine Wehr-
pflicht. In: Cole, Laurence/Hämmerle, Christa/Scheutz, Martin (Hg.): Glanz – Gewalt – Ge-
horsam. Militär und Gesellschaft in der Habsburgermonarchie (1800 bis 1918). Essen: LIT
2011, S. 129-151; Stergar, Rok: Fragen des Militärwesens in der slowenischen Politik, 1867–
1914. In: Österreichische Osthefte 3 (2004), S. 391-422.
15 | Der größte Teil der Grundbuchblätter jener Soldaten, die auf dem Gebiet des heuti-
gen Österreich heimatzuständig waren, befindet sich heute im Österreichischen Staatsar-
chiv, Kriegsarchiv in Wien. Jene für die böhmischen Länder z.B. in Prag im Vojenský Ústředni
Archiv. Es sind aber nicht sämtliche Länder erhalten geblieben.
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Titel
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Untertitel
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Autoren
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Abmessungen
- 15.4 x 23.9 cm
- Seiten
- 454
- Schlagwörter
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Kategorie
- Kunst und Kultur