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»Die Dinge reden im Lichte eine andere Sprache als im Dunkeln.« 197
Unter männlichen Pseudonymen veröffentlichte auch Berta Katscher. Berta
Katscher, die ebenfalls aus dem Ungarischen übersetzte und in Budapest lebte,
gebrauchte u.a. das Pseudonym Ludwig Ungar.27 Emma Seltenreich schrieb wiede-
rum unter dem Pseudonym Lőcsei,28 dem ungarischen Namen ihrer Heimatstadt
Leutschau, in der sie ihr ganzes Leben verbrachte. Die Wahl der beiden Pseudony-
me zeugt von der Beziehung beider Autorinnen zur ungarischen Sprache und Kul-
tur – ganz im Sinne der Charakteristik der Ungarndeutschen als integrierte unga-
rische Bürgerinnen und Bürger, in deren Selbstverständnis die Identifikation mit
ihrer (ungarischen) Heimat stärker ausgeprägt war als das nationale Bewusstsein.
Unter dem Pseudonym Ludwig Ungar veröffentlichte Berta Katscher in der Rei-
he des Verlags der Österreichisch-Ungarischen Volksbücher den Band Aus Bädern
und Sommerfrischen, in den die kurze Erzählung Es bleibt ein Hageholz Eingang
fand. Die thematisch und motivisch relativ einfach aufgebaute Erzählung besteht
aus drei Teilen. Im ersten lernen wir zwei Junggesellen, Dr. Jakob Klaus und Georg
Heller, aus Berlin kennen. Sie planen, eine Erholungsreise im Schwefelbad Trent-
schin-Teplitz/Trenčianske Teplice in Oberungarn, in der heutigen Slovakei, zu ver-
bringen. Die Gegend bezeichnet eine der Hauptfiguren als Land der »Rastelbin-
der«, das mehr Beachtung verdiene, als es finde.29
Im zweiten Teil lernen die beiden ihren Urlaubsort kennen und machen Be-
kanntschaft mit einer polnischen Gräfin, der berühmten Krakauer Soubrette Olga
Kaminski, in die sich einer der Freunde verliebt. Die beiden Herren scheinen im
Gegensatz zu der Sängerin, die sich später als hässliche Kokotte und Betrügerin
entpuppt, von ihrer Umgebung angetan zu sein. Während des Spaziergangs durch
die Gegend begeistern sie sich für die Umgebung und empfinden sie als kleines
Paradies.
Heller war von der reizenden Lage des Badeortes entzückt und gab seinem Freunde Recht,
dass es ein an Naturschönheiten reiches Fleckchen Erde sei, ein kleines Paradies. Es liegt
in einem Kessel und wird von den Ausläufern der Karpathen umsäumt. Die Umgebung ist
wildromantisch: Berg und Wald, wohin das Auge blickt. Alte, halbverfallene Ritterburgen,
27 | Vgl. Rudolf, Rainer/Ulreich, Eduard (Hg.): Karpatendeutsches Biographisches Lexikon.
Stuttgart: Arbeitsgemeinschaft der Karpatendeutschen aus der Slowakei 1988, S. 153.
28 | Vgl. ebd., S. 306.
29 | Die Drahtbinderei ist ein typisches slovakisches Handwerk, das in der Slovakei eine
jahrhundertlange Tradition hat. Seine Wurzeln liegen bereits im 16. Jahrhundert. Die »Ras-
telbinder« oder »Drahtbinder« waren meistens Bewohner unfruchtbarer Berggegenden, die
ihren Lebensunterhalt mit Reparaturen von Küchengeschirr, der Herstellung und dem Ver-
kauf von Erzeugnissen aus Blech und Draht bestritten. Wegen mangelnder Aufträge gingen
sie oft auf Wanderschaft, reisten durch ganz Europa und Russland und wurden zu den ty-
pischen Straßenfiguren, die im Hof der Wohnhäuser mit dem Ruf »Gebt zu binden!« kleine
Reparaturen ausführten. Seine Blütezeit erlebte das Handwerk im 19. Jahrhundert. In der
zweiten Jahrhunderthälfte wurden erste Manufakturen und Fabriken gegründet. Einzelne
wandernde Handwerker gab es immer weniger. Parallel zum Handwerk entwickelte sich je-
doch auch eine Kunstform, die in der Slovakei heute noch sehr geschätzt wird und als Teil
kultureller Identität der Slovaken zu verstehen ist.
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Titel
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Untertitel
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Autoren
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Abmessungen
- 15.4 x 23.9 cm
- Seiten
- 454
- Schlagwörter
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Kategorie
- Kunst und Kultur