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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Berta Katscher 215 hier erkrankt der Vater, Herr Woltmann, ein Buchhalter, der seine Arbeit verloren hat und in ärmsten Verhältnissen lebt, schwer. Seine Frau verkauft seine Uhr, um die lebensrettenden medizinischen Tropfen zu erhalten. Nur der zehnjährige Sohn Oskar verhindert, dass das Ehepaar völlig verzweifelt. Heimlich verdient er mit dem Abschreiben wichtiger Dokumente Geld und kann die Uhr zur großen Über- raschung seiner Eltern wieder auslösen. Der Vater lobt ihn mit folgenden Worten: »Aus dir wird eh’ was Tüchtiges, Oskar!«14 In beiden Geschichten übernehmen also die Kinder Verantwortung für das Wohl der Familie und verzichten auf ihre eigenen Bedürfnisse. Auch die Geschichte Irma’s Ostersonntage15 handelt von Ver- zicht. Ein 16-jähriges Mädchen bekommt ein Kind von einem Verehrer, der sich als Trunkenbold erweist und es schließlich verlässt. Als er eines Tages wiederkommt, will das Mädchen ihn trotz seiner Alkoholsucht und aller Warnungen der Familie heiraten, damit das Kind einen Vater hat. Die Hochzeit findet noch dazu am Tag des eigenen Geburtstages und am Sterbetag der geliebten Mutter statt. Er stirbt jedoch kurz nach der Hochzeit an den Folgen seines Alkoholkonsums, an einem Herzschlag. Das Mädchen, das sozusagen den eigenen Fehltritt mit der Hochzeit gebüßt hat, wird schließlich die Frau eines Müllers und beginnt ein neues, glück- liches Leben. Treuebruch wird, je nachdem ob sie von der Frau oder dem Mann begangen wird, unterschiedlich gewertet. Das zeigt auch die Erzählung In der Löwengrube,16 die von Paul Beyer, einem aus Wien gebürtigen Regimentsarzt in der Hercegovina, handelt. Seine Frau, eine Dalmatinerin, hilft ihm im Alltag mit Übersetzungen, da er die bosnische Sprache nicht beherrscht. Als er am Markt Baron Feldern trifft, der eben den Schleier einer schönen türkischen Frau lüften will, kommt es nur aufgrund seines Eingreifens zu keinem Eklat. Als die Frau ihn und seine Frau aus Dankbarkeit zu sich einlädt, betrügt der Ehemann seine Frau mit der Türkin. Ein Smaragd, der ihm beim Abschied überreicht wird, soll ihn in Zukunft vor Un- treue schützen. Nicht der eigene Wille soll also in Zukunft einen Seitensprung verhindern, sondern die Kraft eines Edelsteins. Zugleich wird in dieser Geschichte die Vertrautheit der Autorin mit fremden Kulturen erkennbar und ihre Sensibili- tät für ungleiche und ungerechte Geschlechterverhältnisse. In mehreren Texten Berta Katschers ist die gesellschaftliche Tendenz erkennbar, dass Frauen ›gezähmt‹ werden müssen. In Amor im Schnee oder: Der Schlitten als Heiratsvermittler. Eine südungarische Wintergeschichte17 ist ein Mädchen aus der Stadt zu Gast bei anderen Mädchen am Land und langweilt sich zunächst. Schließlich sitzt es während einer Schlittenfahrt scheinbar zufällig neben einem Herrn, vor dem es sich bei seinem ersten Ball durch ein Ungeschick beim Tanz blamiert hat und dem es eigentlich hat ge zur Stadtkunde 13 (1992), S. 3-35, hier S. 14; s. auch www.bodenseebibliotheken.de/ viewer.html?page=dosc-h013-t-A014 (zuletzt eingesehen am 10.6.2015). 14 | Katscher, Berta: Kindesliebe. In: Der junge Bürger 9 (1898), S. 199-204, hier S. 204. 15 | Katscher, Berta: Irma’s Ostersonntage. In: Glücksmann, Heinrich u.a.: Liebesleid. Er- zählungen. Wien: Szelinski [o.J.], S. 14-28. 16 | Katscher, Berta: In der Löwengrube. Eine Haremsgeschichte. In: Folteicineano, Max u.a.: Weibergeschichten. Wien: Szelinski [o.J.], S. 32-48. 17 | Katscher, Berta: Amor im Schnee oder: Der Schlitten als Heiratsvermittler. Eine süd- ungarische Wintergeschichte. In: dies. u.a.: Lustige Heiratsgeschichten. Wien: Szelinski [o.J.], S. 3-20.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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