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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Nomadische Berufspraxis und Attraktion der Großstadt 255 ge Kraft, aber noch nicht als Zugpferd angesehen wurde, zum Revue-Star.68 Ein wesentliches Element dieser Revuen waren allegorische Figuren und Personifizie- rungen,69 als die gerade die weiblichen Darstellerinnen auf die Bühne traten. Fritzi Massary war etwa »die Sünde von Berlin« (1905), »die Berliner Börse« (1908) und v.a. »die Wiener Operette« (1909). Ihre Persona wurde in Berlin explizit als Wiener Mädel kultiviert, sinnlich und anspielungsreich, fröhlich und energiegeladen; dies war ein wesentliches Element ihres Erfolgs. Mit dem Kriegsbeginn im Jahr 1914 konnte ihre »Wiener Bühnenidentität« auch politisch im Sinne der »Waffenbrüder- schaft« zwischen Deutschland und Österreich-Ungarn verwendet werden. Am 26. Dezember 1914 fand im Metropol-Theater die Premiere der »Kriegs- revue« Woran wir denken! von Franz Arnold, Leo Leipziger und Walter Turszinsky, Musik von Jean Gilbert statt. Eines der Bilder spielte auf einem Berliner Bahnhof, auf dem die inkognito flüchtende Pariser Mode und die »ausländischen Modetän- ze« als aufwändig kostümierte weibliche Gestalten ihren kurzen Auftritt hatten, während der zu Unrecht vergessene Wiener Walzer, personifiziert von Fritzi Mas- sary, wieder triumphieren durfte. Martin Baumeister stellt hier allerdings trotz der scheinbar eindeutigen Botschaft eine Ambivalenz fest, denn »die nationale ›Selbst- reinigung‹ vom ›Fremden‹ im Zeichen des Krieges« richtete sich ja gerade »gegen urbanes Vergnügungsleben und modernen Stil und Konsum«70 und somit gegen Institutionen wie das Metropol, wo diese Revuen gezeigt wurden. So vollzog das Metropol-Theater ab dem zweiten Kriegsjahr auch einen deut- lichen inhaltlichen Wandel und brachte nun aufwändige und aufsehenerregende Produktionen von (meist kurz zuvor in Wien uraufgeführten) Operetten, da sich Direktor Schultz nach dem nur mäßigen Erfolg von Woran wir denken (1914) ganz von der satirischen Jahresrevue verabschiedet hatte. Den Anfang machte die Ur- aufführung von Leo Falls Die Kaiserin (oder Fürstenliebe) nach dem Lustspiel Maria Theresia von Franz von Schönthan am 16. Oktober 1915. Im September 1916 folgte die in Wien überaus erfolgreiche Operette von Emmerich Kálmán Die Csárdásfürs- tin. Im September 1917, jeweils mit etwa neun Monaten Abstand zur Uraufführung in Wien, Leo Falls Die Rose von Stambul und am 14. September 1918 schließlich, nur wenige Wochen vor der deutschen Niederlage, feierte mit großem Aufwand und vor begeistertem Publikum Emmerich Kálmáns Die Faschingsfee ihre Berliner Premie- re, die der Theaterkritiker und Massary-Verehrer Oscar Bie im Berliner Börsen-Cou- rier als »Metropol-Wintermärchen« bezeichnete.71 Die weibliche Hauptrolle dieser Operetten übernahm sämtlich Fritzi Massary, die mit diesen Kriegsproduktionen des Metropol-Theaters endgültig vom Revue-Star zu der Operetten-Diva Berlins avancierte.72 Kálmáns Faschingsfee wurde auf Betreiben des Metropol-Direktors 68 | Vgl. Schneidereit: Fritzi Massary, S. 21-23. 69 | Vgl. Kothes: Die theatralische Revue, S. 32. 70 | Baumeister, Martin: Kriegstheater. Großstadt, Front und Massenkultur 1914–1918. Es- sen: Klartext 2005, S. 123. 71 | Vgl. Frey, Stefan: »Unter Tränen lachen«. Emmerich Kálmán. Eine Operettenbiographie. Berlin: Henschel 2003, S. 125. 72 | Vgl. Frey, Stefan: »Ein bißchen Trallalla …« Fritzi Massary oder Die Operetten-Diva. In: Grotjahn, Rebecca/Schmidt, Dörte/Seedorf, Thomas (Hg.): Diva – Die Inszenierung der über- menschlichen Frau. Interdisziplinäre Untersuchungen zu einem kulturellen Phänomen des 19. und 20. Jahrhunderts. Schliengen: Ed. Argus 2011, S. 184-194.
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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