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Nomadische Berufspraxis und Attraktion der Großstadt 257
Ich zeig’ Ihnen gerne meine Valeurs
Und all meine seelischen Interieurs.
Sie werden von mir jetzt informiert,
[…]
Ich sag’ ihnen alles, was ich von mir weiß!
[…]
Ich bin eine Frau, die weiß, was sie will,
Ich habe mein Tempo, ich hab’ meinen Stil,
Ich weiß[,] wie man Golf spielt und wie man chauffiert,
Ich bin nicht zu sachlich und nicht kompliziert,
[…]79
In der Verfilmung von Eine Frau, die weiß, was sie will aus dem Jahr 1934 spielte
bezeichnenderweise nicht sie die Hauptrolle, sondern die während der NS-Zeit als
UFA-Star erfolgreiche Schauspielerin Lil Dagover.80 Fritzi Massary hatte Deutsch-
land bereits verlassen müssen: Sie ging zunächst nach Österreich, dann in die
Schweiz und nach Großbritannien, bis sie schließlich 1939 auf Drängen ihrer Toch-
ter in die USA, nach Kalifornien, emigrierte. Dies sollte ihre letzte Station bleiben,
bei der sie zwar noch einen exquisiten Emigrantensalon führte, doch der Bühne
für immer den Rücken kehrte.81
4. Tilla durieux: grande dame der schauspiel-aVanTgarde
und poliTisch engagierTe KünsTlerin
Der erste Umzug im Leben von Tilla Durieux (damals noch Ottilie Godeffroy) ent-
fernte sie zwar nur wenige Kilometer vom Haus ihrer Kindheit, dennoch war er
traumatisch. Nach dem frühen Tod ihres geliebten Vaters mussten Mutter und
Tochter, die sich nur wenig zu sagen hatten und deren Verhältnis problematisch
war, aus dem Haus mit Garten in der Währinger Cottage in eine kleine Wiener
Mietwohnung ziehen.82
Das Ziel, Schauspielerin zu werden, setzte sie gegen die großen Widerstände
ihrer Mutter und ihrer Familie durch, besuchte eine private Theaterschule in Wien
und erhielt 1901 ihr erstes Engagement im mährischen Olmütz/Olomouc. Ihre
Mutter war zunächst fassungslos, denn es lag völlig außerhalb ihres bürgerlichen
Horizonts, ihre unverheiratete Tochter – obwohl sie bereits 20 Jahre alt war – alleine
gehen zu lassen. So zogen also Mutter und Tochter aus Wien in das von Durieux in
ihren Erinnerungen als provinziell und verstaubt beschriebene Olmütz, die Mutter
verhärmt und mit Leidensmiene, die Tochter voller Hoffnungen und Tatendrang.
79 | Grünwald, Alfred: Eine Frau, die weiß, was sie will. Komödie mit Musik in 5 Bildern,
Musik von Oscar Straus, zit. n. Matala de Mazza: ›O-la-la‹, S. 241.
80 | Vgl. Romani, Cinzia: Die Filmdivas des Dritten Reiches. München: Bahia 1982, S. 61-
63.
81 | Vgl. Frey: »Ein bißchen Trallalla …«, S. 194.
82 | Vgl. Durieux, Tilla: Die Schaukel und Tilla Durieux: Spielen und Träumen. In: dies.: Über
den Tag hinaus. Notizen 1920–1933. Hg. v. Dagmar Walach. Berlin: Inst. f. Theaterwissen-
schaft der FU Berlin 2009, S. 23-26.
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Titel
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Untertitel
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Autoren
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Abmessungen
- 15.4 x 23.9 cm
- Seiten
- 454
- Schlagwörter
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Kategorie
- Kunst und Kultur