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Transdifferenz und Transkulturalität - Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
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Zwischen Kulturen und Identitäten 335 Diese Wandlung spiegelt sich freilich auch in der Literatur wider, so dass erstarr- te Denkweisen und anachronistische gesellschaftliche Strukturen nun kritisiert wurden. Die Tatsache ist darauf zurückzuführen, dass die Frauen, die jetzt nicht mehr passive Rezipientinnen, sondern auch aktive Teilnehmerinnen der Literatur- und Kunstszene waren, oft emanzipatorischen Tendenzen einen breiten Raum ein- räumten. So veröffentlichte 1928 die Czernowitzer Allgemeine Zeitung einen Auszug aus dem von der Czernowitzer Lehrerin Sonia Elsholz verfassten Roman Tötet das Weib!, der sich mit einer neuen Rollenverteilung in Liebesbeziehungen befasste: »Ich will dir ergeben sein« – so flüstert das Weib. »Das Weib sei des Mannes sorgsame Die- nerin«, so predigt der Priester im goldenen Ornat. Aber das ist alles Narrheit und Heuchelei! Denn auch das Weib will herrschen. Und ganz im Stillen verrat ich euch – (denn solche Wahr- heit verträgt kein Mann) – nur das Weib herrscht.31 Dieses ausgeprägte Interesse an neuen Formen weiblichen Schreibens, an einer Beschäftigung mit frauenspezifischen Themen, die mit dem Auftreten der ›neuen Frau‹ einhergingen, spiegelt auch die Dynamik sozialer und kultureller Gescheh- nisse in der Bukowina wider. Demgemäß mag gerade die Vermessung der vielfälti- gen Spielräume weiblichen Schreibens in dessen unterschiedlicher journalistischer Realisierung und Gewichtung auf der Mikroebene der Texte einen angemessenen Einblick in die sozialen Aspekte der Makroebene bieten. Wirft man einen Blick auf einige wichtige, später erschienene Periodika, fällt auf, dass im liberalen, von deutschakkulturierten jüdischen Herausgebern und Redak- teuren geleiteten Czernowitzer Morgenblatt (1918–1940) oft Beiträge und Artikel u.a. von der bekannten Wilhelmine Mohr oder Martha Kern veröffentlicht wurden. Die bürgerliche Czernowitzer Allgemeine Zeitung (1903–1940) brachte unter den Feuille- tonistinnen die Kunsthistorikerin Martha Kern, die Schriftstellerinnen Wilhelmi- ne Mohr oder Pepi Rosenfeld, die in Czernowitz wirkenden Dolly Engel, Ariadne Baronin von Löwendal oder Adrienne von Prunkul. Das sozialdemokratische Vor- wärts (1912–1932) veröffentlichte u.a. entsprechend ideologische geprägte Beiträge von deutschschreibenden Frauen wie Else Feldmann und Hermynia Zur Mühlen. In der Wahrnehmung, Darstellung und Perspektivierung der Frauenrolle er- scheint das Czernowitzer Morgenblatt gespalten: Von dem traditionell, ja sogar kon- servativ gesinnten Rollenbild mit häuslich-praktischen Interessen32 reicht der Spa- gat bis hin zu der Eingliederung von Kommentaren zu damals bahnbrechenden feministischen Büchern wie Das gefährliche Alter von Karin Michaëlis, die die Ehe mit Freiheitsbegrenzung gleichsetzte und Liebe nur außerhalb solcher Schranken für möglich hielt. Jedenfalls markieren die im Blatt publizierten Stellungnahmen 31 | Elsholz, Sonia: Von Liebe und Spiel (Kapitel aus dem noch unveröffentlichten Roman Tötet das Weib!). In: Czernowitzer Allgemeine Zeitung v. 10.10.1928, S. 2-3, hier S. 2. 32 | Vgl. z.B. NN: Czernowitzer Mädchen wollen heiraten. Eine Vereinigung zur Selbsthil- fe. Die Heiratskandidatinnen. In: Czernowitzer Morgenblatt v. 9.9.1923, S. 3: »Denn es ist außer Zweifel, dass zahlreiche Mädchen in Czernowitz, wie in anderen Städten, trotz der fortschreitenden Idee der Frauenemanzipation und der Gleichstellung mit den Männern, ihr Zukunftsideal doch in der Gründung einer Familie erblicken. Sie sind nur vielfach infolge der materiellen Lage gehindert, dieses Ziel zu erreichen.«
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Transdifferenz und Transkulturalität Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Titel
Transdifferenz und Transkulturalität
Untertitel
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
Autoren
Alexandra Millner
Katalin Teller
Verlag
transcript Verlag
Datum
2018
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-8394-3248-8
Abmessungen
15.4 x 23.9 cm
Seiten
454
Schlagwörter
transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
Kategorie
Kunst und Kultur
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