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Anachronistinnen
Die Figur der Reporterin in der Budapester Presse
zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Amália Kerekes
In der Funktionslogik der ungarischen Presse um 1900 scheint ebenso paradox wie
evident zu sein, Differenzen zugleich hervorzubringen und zu glätten: Punktua-
lisierung und Institutionalisierung, die ereignishafte Unterbrechung und Wieder-
errichtung von Systemprozessen als Ausgangs- und Endpunkt der journalistischen
Produktion sollen stabilisierend wirken, was jedoch an Inhalten und Formen in
diesen Prozess eingebunden wird, steht beispielhaft für Gemengelagen, deren Be-
standteile zeitweilig einen autonomen, innovativen Charakter bewahren können.1
Diese konservierte Kontingenz steht in den zeitgenössischen Selbstbeschreibun-
gen der Presse öfters zur Debatte und ist mit der Befürchtung verbunden, dass die
individuellen Stimmen in der Massenpresse zunehmend von der Idee eines journa-
listischen Kollektivs verdrängt würden.2 Die Klagen über das Ende der heroischen
Phase der Presse, das Verblassen oder die Uniformierung der journalistischen Per-
sönlichkeit werden im Folgenden mit der Rezeption eines neuartigen Phänomens,
des Auftauchens von Reporterinnen Anfang des 20. Jahrhunderts, konfrontiert,
deren Figur ihrerseits zwei mittlerweile als etabliert geltende, aber von ihrem Pres-
tige her umstrittene Phänomene kombinierte: die Textsorte Reportage und den Be-
ruf der professionellen Journalistin.
Genauso wie sich die Gerichtsreportage allmählich auf breitere soziale Themen-
bereiche ausweitete, zeigte sich auch in den Arbeitsfeldern der Journalistinnen, die
außerhalb der Familien- und frauenbewegten Zeitschriften in den Redaktionen
der Tages- und Wochenzeitungen tätig waren, wie sie eine strikte Rollenverteilung
1 | Zum systemtheoretischen Ansatz der Punktualisierung als Verfahren der Temporalisie-
rung der Gegenwart vgl. Luhmann, Niklas: Soziologische Aufklärung. Bd. 3: Soziales System,
Gesellschaft, Organisation. Opladen: Westdeutscher Verlag 1981, S. 108ff.
2 | Vgl. Sipos, Balázs: Az Új Idők mint női lap a két világháború között [Die Új Idők als Frau-
enzeitschrift in der Zwischenkriegszeit]. In: Pusztai, Bertalan (Hg.): Médiumok, történetek,
használatok. Ünnepi tanulmánykötet a 60 éves Szajbély Mihály tiszteletére. Szeged: Szege-
di Tudományegyetem Kommunikáció- és Médiatudományi Tanszék 2012, S. 293-309, hier
S. 296ff; s. auch http://media.bibl.u-szeged.hu/szajbely60/pdf/sipos.pdf (zuletzt eingese-
hen am 12.8.2015).
Transdifferenz und Transkulturalität
Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Titel
- Transdifferenz und Transkulturalität
- Untertitel
- Migration und Alterität in den Literaturen und Kulturen Österreich-Ungarns
- Autoren
- Alexandra Millner
- Katalin Teller
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2018
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-3248-8
- Abmessungen
- 15.4 x 23.9 cm
- Seiten
- 454
- Schlagwörter
- transdifference, transculturality, alterity, migration, literary and cultural studies, Austria-Hungary, Transdifferenz, Transkulturalität, Alterität, Migration, Literatur- und Kulturwissenschaften, Österreich-Ungarn
- Kategorie
- Kunst und Kultur