Seite - 119 - in Über Bücher reden - Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
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© 2021 V&R unipress, Brill Deutschland GmbH
ISBN Print: 9783847113232 – ISBN E-Lib: 9783737013239
Voltaire: Für Stoner stehenWerte wie ‚Verlässlichkeit‘, ‚Prinzipientreue‘, ‚Charakter-
festigkeit‘.IhnenistertreuundstehtzuseinenLebensentscheidungen,auchwennersie
sicher ineinemFall sehrbereuthat; trotzdemsteht er zuseinerEhe.
made: Ichdenke, er hat sich für seineFrauverantwortlich gefühlt. Einfachweglaufen,
wennes schwierigwird,warnicht seineArt. Er hatte ja nie ganzdieHoffnung aufge-
geben,dass alles einmalbesserwird.
Außerdemwarihmklar,dassseineUniversitätseineHeimatwar,eineHeimat,wieersie
sonstniehatte.Woanders glaubte ernicht glücklichwerdenzukönnen.
Findus:Nein, alsUmfaller hätte ich ihn eher gesehen,wenner seiner Linie nicht treu
gebliebenwäre.Ausharren, nicht nachgeben auchwenn esweh tut, bzw. dieKarriere
leidet, eineinmalgegebenesWortnichtbrechen.
AbereinmalhatersichdochsehrraffiniertgewehrtalsdieserUnterricht, ichweißjetzt
ncihtmehr ganz genauwie das lief aber er bekamdoch seineKlasse, wieder zurück.
BZW.dieLiteratur,
Saiya: (zitiertVoltaire)Das sehe ichgenauso.“45
DerUserbeisswengerbringtdasThemaderCharakterstärkeaufundsprichtdas
„Umfallen“vonStoneran,fürdieseEinschätzungerfährterdirekteZustimmung
von Richie und tschuly82. Stoners charakterliche Stärke oder Schwäche be-
herrschtdiefolgendenDiskussionsbeiträge.DerBegriff„Umfaller“wirdvonden
MitdiskutantInnen übernommen und rekurriert in der folgendenDiskussion,
was zur Polarisierungbeiträgt: Einemsolch starkenUrteil kannman entweder
zustimmenoder nicht, und im folgendenGesprächsverlauf beziehen auch alle,
die sich zuWortmelden, Stellungdazu.DieUserInnenmade,Voltaire, Findus
undSaiya sehen Stoner nicht als „Umfaller“undverleihendieserMeinung ex-
plizit Ausdruck. Mit der letzten Bemerkung von Saiya ist das Thema abge-
schlossen undwird in diesemThread nicht weiter erörtert. Überhauptmeldet
sich von den oben zitierten BeiträgerInnen nur mehr made noch einmal im
ThreadzuWort (allerdings zueinemanderenThema).Eshandelt sichalsoum
eine– fürBuchdiskussioneneher seltene– interaktivePassage, indermehrere
UserInneneinThemabesprechen,nachdessenAbschluss sieanderDiskussion
abernichtweiter teilnehmen.
Aufschluss darüber, wessen Perspektive im Gespräch eingenommen wird,
kanndie Betrachtung der Personalpronomen (imNominativ) geben: In beiss-
wengersBeitragisteineProgressionvomsubjektivenIchüberdasunpersönliche
Man zur dritten Person Er zu bemerken. Damit geht die Änderung der Per-
spektive einher: Stoner wird zuerst noch aus der subjektiven Perspektive des
Lesers eingeschätzt,mit dem „Man“wird eineAnsicht ausgedrückt, der beiss-
wenger nicht explizit zustimmt („Gut, das kannmanmit dessen Kindheit er-
klären.“).DieserSatzkönntesogelesenwerden:beisswengerdenkt,dassStoners
Kindheit von anderenLeserInnenals Erklärung für seinVerhalten ins Feld ge-
45 Buechereule: JohnWilliams–Stoner [22.01.2018].
„Ich lesemit.“Kommunikationund Interaktion inOnline-Lesegruppen 119
Open-Access-Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Über Bücher reden
Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Titel
- Über Bücher reden
- Untertitel
- Literaturrezeption in Lesegemeinschaften
- Autor
- Doris Moser
- Herausgeber
- Claudia Dürr
- Verlag
- V&R unipress
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-7370-1323-9
- Abmessungen
- 15.5 x 23.2 cm
- Seiten
- 262
- Kategorie
- Lehrbücher